Neukirchen-Vluyn Heute wählt "das mutigste Land"

Neukirchen-Vluyn · Cornelis Jan Smits ist Vorsitzender des örtlichen Niederländer-Clubs - und ein Politik-Experte.

 Cornelis Jan Smits, Gründungsmitglied der niederländischen Partei Christen Unie, die heute bei der Wahl antreten.

Cornelis Jan Smits, Gründungsmitglied der niederländischen Partei Christen Unie, die heute bei der Wahl antreten.

Foto: Klaus Dieker

Irgendwann im Laufe des heutigen Mittwochs wird sich Cornelis Jan Smits (74) in seinen Toyota Camry setzen und von seinem Wohnort Neukirchen-Vluyn nach Venlo fahren. Dort wird er, wie immer, dem örtlichen Albert-Heijn-Supermarkt einen Besuch abstatten. Vor allem aber wird er seine Stimme abgeben. Die Niederländer wählen ein neues Parlament, und da will Smits die Geschicke seines Landes wenigstens durch sein Votum ein kleines wenig mitbestimmen.

Die Niederlande stehen am Scheideweg. Am Montagabend lieferten sich die beiden Kandidaten, die nach jüngsten Umfragen vermutlich die meisten Stimmen vereinigen werden, ein Rededuell im niederländischen Fernsehen. Sowohl die rechtspopulistische PVV von Geert Wilders als auch die rechtsliberale VVD von Ministerpräsident Mark Rutte stehen bei je 24 Prozent. Da Rutte auf keinen Fall mit Wilders zusammengehen will, dürfte kein Weg an einer Koalition der VVD mit einigen der kleineren und vielen kleineren Parteien vorbeiführen. Eine davon ist die ChristenUnie, die Smits kennt, wie kaum ein zweiter.

 Geert Wilders (rechts) tritt gegen Mark Rutte an.

Geert Wilders (rechts) tritt gegen Mark Rutte an.

Foto: Yves Herman

Er gehört zu den Gründungsmitgliedern, der Partei, die sich Politik aus christlicher Überzeugung auf die Fahnen geschrieben hat und das sehr viel ernster nimmt als die dem Namen nach ebenfalls christliche CDA. Drei Mal organisierte Smits den Wahlkampf für seine Partei in den Niederlanden. Viele Jahre saß er als Fraktionsvorsitzender in zwei Stadtparlamenten. Und auch von Neukirchen-Vluyn aus hält er noch die Verbindung zu seinen Parteifreunden in Den Haag. So lieferte er auch Ratschläge für die Abschlussdebatte im niederländischen Fernsehsender NOS gestern Abend, in der ChristenUnie-Fraktionsvorsitzender Gert-Jan Segers zunächst mit Rutte und dann mit Wilders in den Debatten-Ring stieg. Zu dem hat Smits ein differenziertes Verhältnis. Beide sehen den Islam kritisch. Aber Smits wirft Wilders vor, dass er nur polemisiere, aber kein Programm habe: "Ich habe Segers geraten, dass er Wilders nach dem christlich-jüdischen Menschenbild fragen solle, auf das der sich so gerne beruft. In Wirklichkeit hat Wilders nämlich mit dem Christentum nicht viel am Hut."

Ähnlich auch das Verhältnis beider Parteien zu Europa. Wilders forderte auch in seinem Duell mit Rutte einen "Nexit". Nur durch einen Austritt aus der EU könnten die Niederlande ihre staatliche Souveränität zurückerlangen. Auch Smits findet, dass Brüssel viel zu viel Macht an sich gezogen hat. Und er fürchtet, dass als nächster Schritt ein einheitliches Steuersystem kommen werde, unter dem vor allem Länder wie die Niederlande und Deutschland leiden werden. Deshalb würde er gerne die Euro-Zone verlassen. Aber ein Austritt aus der EU kommt für ihn nicht in Frage.

Dass die niederländische Regierung türkischen Regierungsmitgliedern Auftritte in den Niederlanden untersagte und eine Ministerin sogar wieder aus dem Land nach Deutschland eskortieren ließ, findet er völlig in Ordnung. Weniger einverstanden ist er mit der Haltung der Bundesregierung, die es Entscheidungsträgern vor Ort überlasse, ob türkische Minister in Deutschland auftreten könnten oder nicht. Seiner Meinung nach sollte die Bundesregierung Klartext reden und Auftritte türkischer Politiker untersagen, so wie es die niederländische Regierung vorgemacht hat: "Im Augenblick ist unser Land das mutigste in Europa."

(RP)
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