Neukirchen-Vluyn Mit Reimen wird das Leben leichter

Neukirchen-Vluyn · Herbert Vennemann hat sein Leben lang heitere Gedichte geschrieben. Auch mit einer "Comedy-Truppe" trat er zeitweilig auf. Nun hat der 91-Jährige seine Verse in einer limitierten Ausgabe gesammelt - auf Vorschlag seiner Enkelin.

 Für Herbert Vennemann ist das Verseschmieden nicht nur ein Vergnügen, es hält, wie er sagt, im Alter auch die grauen Zellen im Gang. Für Familie und Freunde hat er nun seine Gedichte zusammengestellt.

Für Herbert Vennemann ist das Verseschmieden nicht nur ein Vergnügen, es hält, wie er sagt, im Alter auch die grauen Zellen im Gang. Für Familie und Freunde hat er nun seine Gedichte zusammengestellt.

Foto: Klaus Dieker

"Schreiben wird zur Leidenschaft, wenn Worte man in Verse fasst. Wenn sie im Gleichklang sich vereinen, dann nennt man sowas schlichtweg reimen." Herbert Vennemann hat sein Leben lang zu allen möglichen Gelegenheiten Gedichte geschrieben. Nicht, um sie zu veröffentlichen. Nicht, um damit zu prahlen. "Mein Job im Leben war es, Freude zu vermitteln", sagt der 91-jährige.

Mit seinen passend zum jeweiligen Anlass verfassten Texten brachte er die Menschen bei Familienfesten und Firmenfeiern zum Schmunzeln. Viele Gedichte kann er immer noch auswendig vortragen. Als er an Weihnachten im Krankenhaus lag und die Familie schon glaubte, die Zeit zum Abschied sei gekommen, hatte Enkelin Carina eine Idee: Opa, lass uns doch mal alle Gedichte, die du so geschrieben hast, in einem Buch abdrucken. Und obwohl es ihm eigentlich fernlag, sich mit seinen Werken zu schmücken, stimmte er zu.

Herausgekommen ist eine 60-seitige Sammlung, mit der er sich bei seinen Liebsten bedanken will. Jetzt ist er doch ein bisschen stolz auf sein "Vermächtnis". Und froh, noch etwas Zeit auf der Erde bekommen zu haben. Noch stolzer aber ist er auf seine Familie. Weil er sich so unfassbar geliebt und beschenkt fühlt, möchte er mit dem Buch, das er "Die Gedanken sind frei!" genannt hat, ein wenig zurückgeben.

Dreißig Exemplare hat er drucken lassen und sie an alle Lieben verteilt. "Wir sind eine große, glückliche Familie", sagt er voller Dankbarkeit. Das Ehepaar Vennemann hat vier Kinder, zehn Enkel und sechs Urenkel.

"Ich war immer schon eine Frohnatur", erzählt Vennemann. Bereits als Schuljunge liebte er es, Balladen wie Goethes "Zauberlehrling" auswendig zu lernen und vorzutragen. Im Krieg kam er in Gefangenschaft in die USA und lebte dort sein komödiantisches Talent zur Freude der Kameraden aus. Er konnte Theo Lingen und Hans Moser parodieren und bekam pro Auftritt drei Dollar. Nach dem Krieg kehrte er in seine Heimat Duisburg-Beeck zurück und trat dort mit einer eigenen "Comedy-Truppe" auf. Bei Thyssen, wo er als Elektriker arbeitete, kam der Chef bei jedem Jubiläum auf ihn zu und sagte: "Vennemann, Sie machen ja wieder watt Lustiges." Aber auch so manche bittere Erfahrung hat der Senior mit seinen Gedichten verarbeitet. Zum Beispiel seine Wut über Leute, die nach dem Motto "Mehr Schein als Sein" leben. Die ihre Macht über andere ausnutzen und sich wundern, dass sie nach dem "Absturz" keine Freunde mehr haben. Er erlebte das bei der Entlassungswelle seiner Firma in den 80er Jahren. In einem Gedicht heißt es da: "Woher er kommt und wer er war, ward ihm erst später wieder klar. Doch oft reicht dann die Zeit nicht mehr und mancher flüstert hinterher ,Den kenn ich noch, der war mal wer'."

In den jüngsten Jahren hat er in augenzwinkernd-ironischer Art seine zahlreichen Erfahrungen mit Ärzten thematisiert. "Ich ging mit meiner Haut/ zum Hautarzt, dass er mal draufschaut./ Ich fand es äußerst angenehm, eine Haut-Ärztin zu sehn. /Die sah mich an und lächelte,/worauf die Haut sich glättete./Statt Botox reicht oft nur ein Blick/und die Spannkraft kehrt zurück."

Das Leben kreativ und mit Humor zu bewältigen, das ist sein Rezept für ein langes, glückliches Leben, trotz aller Härte, die er auch erlebt hat. "Du kannst verzweifeln, du kannst aber auch versuchen, selbst in der trübsten Lage, etwas draus zu machen", lautet seine Botschaft. Nebenbei ist das Schreiben und Rezitieren natürlich auch ein Jungbrunnen für die grauen Zellen. Er genießt jetzt dankbar jeden Tag. Eine weitere Lebensweisheit hat er in Verse gefasst: "Werde alt und bleibe jung/das ist die Devise/Erfreue Dich an altem Wein/und träume von der Liebe."

(rauh)
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