Flüchtlingsheim in Neukirchen-Vluyn Mutmaßlicher Brandstifter schon zuvor aggressiv

Neukirchen-Vluyn · Zu einem Brand in einer Asylunterkunft der Stadt Neukirchen-Vluyn ist es am Dienstagabend gekommen. Offenbar hat ein Mann das Feuer nach einem Streit gelegt. Die 25 Bewohner des Hauses konnten sich retten.

 Deutlich sind die Brandspuren an der Fassade zu erkennen. Um 17.47 Uhr war die Feuerwehr alarmiert worden, weil dichter Rauch aus dem Fenster quoll. Alle Bewohner der Unterkunft konnten in Sicherheit gebracht werden.

Deutlich sind die Brandspuren an der Fassade zu erkennen. Um 17.47 Uhr war die Feuerwehr alarmiert worden, weil dichter Rauch aus dem Fenster quoll. Alle Bewohner der Unterkunft konnten in Sicherheit gebracht werden.

Foto: Klaus Dieker

Der Alarm bei der Feuerwehr ging um 17.47 Uhr ein. Im Parterre einer Flüchtlingsunterkunft war es zu einem Brand gekommen."Menschen in Gefahr" lautete die Meldung. "Wir sind deshalb mit der gesamten Feuerwehr von Neukirchen, Vluyn, Niep und Rayen ausgerückt", berichtete Stadtbrandinspektor Markus Heimberg, der den Einsatz an der Max-von-Schenkendorff-Straße 12 leitete. Auch die Drehleiter und der Rettungsdienst aus Moers wurden alarmiert. Als die Feuerwehr eintraf, stand eine Wohnung im Erdgeschoss in Flammen, die die 25 Bewohner des Hauses - alleinstehende Männer, aber auch Familien mit Kindern - schienen sich allerdings schon in Sicherheit gebracht zu haben. Sie standen auf dem Bürgersteig gegenüber und beobachteten voller Sorge die Löscharbeiten. Während ein Trupp den Brand löschte, durchsuchten drei Trupps das Gebäude nach weiteren Personen, die aber nicht angetroffen wurden.

Die insgesamt 49 Feuerwehrleute hatten den Brand schnell unter Kontrolle gebracht. Schon gegen 19 Uhr war der Einsatz für die Feuerwehr zu Ende. Die Kriminalpolizei hatte inzwischen die Ermittlungen aufgenommen. Weder Feuerwehr noch die Polizei wollten sich zur Brandursache äußern.

 Bürgermeister Harald Lenßen (links) kam zum Brandort und sprach mit den verunsicherten Bewohnern.

Bürgermeister Harald Lenßen (links) kam zum Brandort und sprach mit den verunsicherten Bewohnern.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Eine Brandstiftung mit fremdenfeindlicher Hintergrund kann aber allem Anschein nach ausgeschlossen werden. Recherchen unserer Zeitung ergaben rasch den mutmaßlichen Tathergang: Auf der dem Asylbewerberheim gegenüberliegenden Straßenseite stand unter einer Reihe männlicher Bewohner ein junger Mann in kurzer Hose. Er steht sichtlich unter dem Eindruck des Erlebten. Hicham (Name von der Redaktion geändert) kommt aus Syrien und spricht kein Wort Deutsch. Deshalb dolmetschte ein Bekannter, was Hicham beobachtet hatte.

Demnach hat ein 22 Jahre alter Marokkaner namens Osman, einer der Bewohner des Heimes, das Feuer mit Absicht gelegt: "Er hat einen Haufen Papier zusammengeknüllt, mit einem Streichholz angezündet und in die Wohnung geworfen", ließ Hicham über seinen Dolmetscher sagen. "Danach ist er weggerannt." Bewohner und Nachbarn verschafften sich gemeinsam Zutritt zur brennenden Wohnung und versuchten, die Flammen zu löschen. "Aber der Feuerlöscher funktionierte nicht", sagte Cikica Eminowitsch (24), der eine Freundin im Nachbarhaus besuchte. Bei den Löschversuchen habe Hicham sich die Hand verbrannt.

(Die Stadtverwaltung hat, nach Freigabe des Brandortes durch die Kripo, mittlerweile den Feuerlöscher getestet, der nach Aussagen von Zeugen nicht funktioniert haben soll. "Der Feuererlöscher war voll funktionsfähig, wurde zuletzt im Januar gewartet. Wahrscheinlich ist er gestern falsch bedient worden", sagte Stadtsprecher Frank Grusen am Mittwoch.)

Offenbar war der mutmaßliche Brandstifter schon mehrfach aufgefallen. Kurz vor der Tat soll er laut Zeugenaussagen einen Mitbewohner mit einem Messer bedroht und davon gesprochen haben "alles abzufackeln". Danach habe es aber den Anschein gehabt, als habe sich der Marokkaner wieder beruhigt, bis Hicham ihn mit Papier und Streichhölzern sah. Die Polizei fahndet derzeit nach dem Mann.

Bürgermeister Harald Lenßen war innerhalb einer Stunde am Brandort. Ihm war die Erleichterung anzumerken, als er erfuhr, dass es sich mutmaßlich nicht um einen fremdenfeindlichen Anschlag handelte. "Ich bin vor allem froh, dass niemand verletzt worden ist" sagte er. Heute abend will er Bürger im Stadtteil über Pläne für ein weiteres Asylbewerberheim unterrichten. Doch zunächst müssen die Bewohner des abgebrannten Hauses - sie kommen aus Armenien, Syrien, Albanien, Ghana, Eritrea und anderen Ländern - untergebracht werden: "Ich bin sicher, dass das die Stadt nicht vor Probleme stellen wird", sagte Lenßen.

Die Wohnung, in der das Feuer ausbrach, ist komplett ausgebrannt und unbewohnbar. Die beiden Wohnungen in der ersten Etage und im Dachgeschoss, die mehrfach belegt waren, wurden durch Rauch in Mitleidenschaft gezogen und stehen vorläufig nicht zur Verfügung - wie lange genau, das war gestern noch offen.

Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern kümmerte sich Gerhard Resnitzek, Leiter des Sozialamtes, um neue Bleiben für die Menschen. Sie wurden in Unterkünften an der Humboldtstraße, am Kiefernweg sowie an der alten Feuerwehr und Hugengraben untergebracht.

(RP)
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