Neukirchen-Vluyn Politiker wollen schnelleren Rettungsdienst

Neukirchen-Vluyn · Die Grünen möchten eine Senkung der Einsatzzeiten von zwölf auf acht Minuten und die Stationierung eines Rettungswagens in Neukirchen-Vluyn erreichen. Rettungstechnisch gilt die Stadt als ländliches Gebiet.

Wird jemand bei einem Unfall verletzt oder erleidet zum Beispiel einen Herzinfarkt, kann medizinische Hilfe eigentlich nicht schnell genug eintreffen. Für Rettungsdienste gelten deshalb, ähnlich wie die Feuerwehr, bestimmte Zeitfenster, in denen sie am Einsatzort sein sollen. Im Kreis Wesel sind es zwölf Minuten, wobei diese Vorgabe in 90 Prozent der Einsätze erreicht werden soll.

Die Politik in Neukirchen-Vluyn beschäftigt sich derzeit mit der Frage, ob die rettungsdienstliche Versorgung der Stadt verbessert werden kann, indem das Zeitfenster verkleinert wird. Die Grünen haben die Diskussion angestoßen. Sie kritisieren, dass der gesamte Kreis Wesel als ländlicher Bereich eingeordnet wird. Würde Neukirchen-Vluyn auch rettungsdienstlich betrachtet eine Stadt sein, würden für sie Einsatzzeiten von acht Minuten gelten, sagt Fraktionsmitglied Christian Esser. Die Bevölkerungsdichte in Neukirchen-Vluyn oder Moers sei viel größer als in vielen anderen Städten, deren Bürger von kürzeren Einsatzzeiten profitierten. Die Grünen haben zudem vorgeschlagen, einen Rettungswagen an einem Standort in Neukirchen-Vluyn zu stationieren. Es sei heute üblich, Rettungswagen dezentral an mehreren Orten im Einsatzgebiet zu verteilen, sagt Esser. So werde es zum Beispiel in Krefeld gemacht, wo Esser bei der Feuerwehr beschäftigt ist.

Der Rettungsdienst für Neukirchen-Vluyn erfolgt von der Wache in am Jostenhof in Moers aus. Sie ist ebenfalls für die Grafenstadt sowie für Teile von Rheurdt zuständig. Vier Rettungswagen sind dort stationiert, einer davon ist nachts aber nicht im Einsatz. "Dann haben wir aber auch weniger Notfälle", sagt Helmut Gangelhoff vom Fachdienst Gefahrenabwehr und allgemeine Ordnungsangelegenheiten des Kreises. Eine Neufassung des Rettungsdienst-Bedarfsplans für den Kreis ist in Vorbereitung. Der Kreis werde einen Gutachter einschalten. "Wenn das Gutachten vorliegt, werden wir wissen, welche Dinge wir verändern müssen."

Die Unterscheidung zwischen städtischen und ländlichen Bereichen im Rettungsdienst mit unterschiedlichen Zeitvorgaben hat finanzielle Gründe. Unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt wäre es unvernünftig, Rettungswachen in dünn besiedelten Gegenden vorzuhalten, in denen die Einsatzzahlen gering sind. Dies würden auch die Krankenkassen nicht mitmachen, die letztendlich Kostenträger für den Rettungsdienst seien, sagt Gangelhoff. Den eigentlichen Kostenfaktor stelle dabei nicht das Rettungsfahrzeug dar, das etwa 130.000 Euro koste, und sechs bis acht Jahre genutzt werde, sondern das Personal: Zehn Köpfe seien je Fahrzeug zu rechnen, das rund um die Uhr im Einsatz sei.

Die Statistik für 2016 weist 1988 Notfalleinsätze "auf Leben und Tod" in Neukirchen-Vluyn aus. 1435 davon wurden von Moers aus gefahren. Das Zeitfenster von zwölf Minuten wurde in 92,94 Prozent der Fälle eingehalten. Zentrale Bereiche von Neukirchen-Vluyn könnten aus auch schneller erreicht werden, sagte Gangelhoff. "In Niep kriegen sie das aber nicht hin." Die anderen gut 500 Einsätze seien von anderen Wachen, zum Beispiel Kamp-Lintfort, aus gestartet. "Die Rettungswagen sind mit GPS ausgestattet. Die Leitstelle alarmiert den nächsten Rettungswagen." Beschwerden von Betroffenen (oder Angehörigen) über zu langsamen Rettungsdienst seien sehr selten: Etwa 20 pro Jahr gebe es pro Jahr, bei kreisweit 63.000 Einsätzen.

Klagen seien noch seltener. Und noch nie habe ein Gericht festgestellt, dass die Einsatzzeiten zu lang seien. Es gebe keine gesetzlichen Vorgaben zu den Einsatzzeiten. Beschlossen wurden sie vom Kreistag. "In Baden-Württemberg gibt es Zeiten von 15 Minuten", sagt Gangelhoff. "Und diskutiert wird dort über eine Verlängerung auf 18 Minuten." Neukirchen-Vluyn werde, wie alle Kommunen, bei der Neufassung des Rettungsdienst-Bedarfsplans beteiligt, kündigte Helmut Gangelhoff an. Beschlossen werde der neue Plan vermutlich im nächsten Jahr.

(RP)
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