Neukirchen-Vluyn Sie hütet das Gedächtnis der Stadt

Neukirchen-Vluyn · Petra Schwarzmann ist die Archivarin der Neukirchen-Vluyner Verwaltung. Neben dem laufenden Schriftverkehr bewahrt sie alte Dokumente, historische Fotos und den Nachlass von verdienten Regionalhistorikern auf.

 Petra Schwarzmann in den Archivräumen des Neukirchen-Vluyner Rathauses. Rechts die Rollregale, links ältere Dokumente, die teilweise bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen.

Petra Schwarzmann in den Archivräumen des Neukirchen-Vluyner Rathauses. Rechts die Rollregale, links ältere Dokumente, die teilweise bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen.

Foto: Klaus Dieker

Das Archiv der Stadt Neukirchen-Vluyn liegt zwar im Keller des Rathauses, doch darf man sich den Arbeitsplatz von Petra Schwarzmann keineswegs als lichtloses, muffiges Kabuff vorstellen. Das Fenster in ihrem Büro bietet einen schönen Blick auf die Grünanlage. Wenn der Besucher den Nebenraum mit den Rollregalen betritt, steigt ihm der Duft alten Papiers in die Nase. "Die Rollregale möchte fast jeder Besucher mal bedienen", sagt die Stadtamtsinspektorin amüsiert. Auch die Presse darf mal an den Kurbeln drehen, die erstaunlich leichtgängig sind.

Die Stadtarchivarin hat einige besonders alte Schriftstücke hervorgeholt: "Das sind Personenstandsbücher aus dem Jahr 1798, der Zeit Napoleons." Einzelne Namen sind zu entziffern, daneben Bezeichnungen wie "Tagelöhner". Mit so alten Dokumenten hat Petra Schwarzmann freilich nicht ständig zu tun. Zu ihren täglichen Aufgaben gehört es vor allem, den fortlaufenden Akten und Schriftverkehr der Stadt aufzubewahren. "Es gibt verschiedene Aufbewahrungsfristen", sagt sie. "Wenn diese abgelaufen sind, muss die Entscheidung getroffen werden, was weiterhin von Interesse ist und archiviert wird." Natürlich kommt da im Laufe der Zeit einiges zusammen, insgesamt sechs Räume im Gebäude sind für das Aufbewahren der Akten reserviert. "Die Digitalisierung der Daten ist noch im Gange", sagt Schwarzmann. Sie leitet das Archiv seit dem Jahr 2010. Ihr Vorgänger, Peter Pechmann, ist der Stadtgeschichte treu geblieben - heute können ihn Interessierte als "Nachtwächter" bei den Ortsführungen in Neukirchen erleben.

Regelmäßige Besucher im Stadtarchiv sind Menschen, die Ahnenforschung betreiben. "Es waren sogar schon Leute aus den USA hier, die nach Spuren ihrer Vorfahren gesucht haben", erzählt Schwarzmann. Es gibt aber auch Besucher, die als Kind adoptiert wurden und nun wissen wollen, wer ihre leiblichen Eltern waren. "Ich kann da in manchen Fällen helfen", sagt die Archivarin. Auch Schüler, die an einem Projekt arbeiten, beispielsweise über Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkrieges, kommen ins Archiv und suchen dort nach Quellen.

Nicht nur Geschriebenes und Gedrucktes wird im Keller an der Hans-Böckler-Straße aufbewahrt. Bilder und Fotografien sind ebenso wichtige Dokumente. Petra Schwarzmann hat heute als Beispiele einige Schwarz-Weiß-Fotos des ehemaligen Freibades am Klingerhuf hervorgeholt. "Ich dachte mir, das passt in die Jahreszeit." Wer alte Fotos abgeben möchte, ist bei ihr immer willkommen. "Ich möchte gar nicht wissen, was so alles nach einem Todesfalle von den Erben weggeworfen wird", meint sie. Dabei sind Fotos von alten Straßen und Gebäuden, von Festen und Umzügen auch ein wichtiges Stück des Gedächtnisses einer Stadt. Ebenso wichtig sind alte Festschriften, Adressbücher, Werbung - alles trägt dazu bei, späteren Generationen ein Mosaik der vergangenen Epochen zu geben.

Zum Glück gibt es Menschen wie die Heimathistorikerin Anne Brüggestrass, deren Nachlass im Jahr 2012 in das Archiv eingegangen ist. "Sie hat sich mit der Hofgeschichte der Region beschäftigt", erzählt Petra Schwarzmann. Sie ist froh, dass diese reiche Sammlung an Materialien nun der Stadt zur Verfügung steht, ein Schatz, in dem noch viele Menschen, die sich für die Stadtgeschichte interessieren, nachschlagen werden.

(s-g)
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