Neukirchen-Vluyn Vluyner Museum greift NS-Zeit auf

Neukirchen-Vluyn · In der Kulturhalle werden nach und nach die neuen Abteilungen des lange geschlossenen Museums eröffnet.

 Ein Bild des Neukirchen-Vluyner Rates aus der NS-Zeit.

Ein Bild des Neukirchen-Vluyner Rates aus der NS-Zeit.

Foto: NS-Dokumentation Stadtarchiv Moe

Nach dreieinhalb Jahren Schließung wird das Museum im Gebäude der Kulturhalle in Vluyn wieder eröffnet. Den Beginn macht ein Teilbereich im oberen Stockwerk, der ab Sonntag (13 Uhr) wieder für die Öffentlichkeit bereit steht. In den kommenden Monaten wird das Museum nach und nach weitere Ausstellungsbereiche öffnen. Über das, was die Besucher künftig erwartet, informierten gestern Museumsleiterin Jutta Lubkowski, ihre Mitarbeiterin Michaela Krauskopf sowie Günter Fischer, Vorsitzender des Beirates des Museumsverein. Gleich in doppelter Funktion war Harald Lenßen gekommen: als Bürgermeister und als Vorsitzender des Museumsvereins.

Obwohl die lange Pause nicht geplant war - sie war wegen Brandschutzmängeln im Gebäude nötig -, hat sie auch Gutes bewirkt. Die Verantwortlichen machten sich Gedanken über ein neues Konzept des Museums - weg vom traditionellen Heimatmuseum zu einem Familienmuseum mit Multimedia-Elementen. "Früher hatten wird rund 15 Abteilungen", berichtet Günter Fischer. Nun ist das Konzept gestrafft worden. Ein modernes stadtgeschichtliches Museum war das Ziel, und das schließt auch ein, die dunklen Kapitel der Historie näher zu beleuchten. Das heißt: die Zeit der NS-Diktatur, den Zweite Weltkrieg, die Stunde Null. "Es gab in der Vergangenheit gelegentlich Kritik, dass diese Themen nicht ausreichend angesprochen wurden", erinnert sich Fischer. Das habe aber nicht daran gelegen, dass man diese Zeit ausklammern wollte. Manche Dokumente seien allerdings erst in den vergangenen Jahren in den Besitz des Museumsvereins gelangt, berichtet Jutta Lubkowski. "Das hat mit dem Generationenwechsel zu tun", meint sie. Nachfahren geben heute Dokumente leichteren Herzens aus der Hand, die zeitliche Distanz spiele da eine Rolle. Und so wird sich eine Abteilung im Museum künftig auch mit der Zeit des Dritten Reichs beschäftigen.

In dieser Zeit wurden unter anderem 1500 Zwangsarbeiter aus Osteuropa in Neukirchen-Vluyn festgehalten, die unter unmenschlichen Verhältnissen schuften mussten und hungerten. Der Museumsverein und die Stadt hatten bereits vor zwei Jahren mit vier Gedenktafeln an das Schicksal dieser Frauen und Männer erinnert. Krista Horbrügger und Jutta Lubkowski hatten die historischen Hintergründe für den Museumsverein recherchiert. Eine der Tafeln steht auf dem Friedhof in Neukirchen: 37 Zwangsarbeiter wurden dort beerdigt, 22 von ihnen hatten auf der Zeche Niederberg gearbeitet, 15 in der Landwirtschaft, darunter vier Frauen und Mädchen.

Weitere Themenfelder, die in dem Museum dargestellt werden sollen, sind die Industrialisierung im 19. Jahrhundert, die Herstellung von Textilien, das Schulwesen, die Historie des Erziehungsvereins im Zusammenhang mit der sozialen Frage. "Wir haben unsere Vision des neuen Museumskonzeptes dem Landschaftsverein Rheinland vorgestellt, und dort war man sehr angetan. Es ist wohl nicht üblich, dass ein Museum unserer Größe sich so konkrete Gedanken über das Konzept macht." Noch immer sind die Depots des Museumsvereins, die sich im Schulzentrum an der Tersteegenstraße befinden, gut gefüllt - nur ein Teil kann letztlich in der Kulturhalle gezeigt werden.

Bürgermeister Harald Lenßen erklärte gestern, eine Schließung des Museums habe nie zur Diskussion gestanden. Und er ließ durchblicken, dass die Pläne, einen Teil des Gebäudes künftig als Bücherei zu nutzen, vom Tisch seien. "Das Museum braucht diese Räume."

(s-g)
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