Neukirchen-Vluyn Vluyner singen sich glücklich

Neukirchen-Vluyn · Im Kulturcafé Vluyn treffen sich Menschen, um gemeinsam zu musizieren. Damit liegen sie ganz im Trend.

 Mits(w)ing-Abend im Kulturcafe Vluyn mit den Veranstaltern Norbert Knabben (hinten links ) und Hans Lammert.

Mits(w)ing-Abend im Kulturcafe Vluyn mit den Veranstaltern Norbert Knabben (hinten links ) und Hans Lammert.

Foto: mkoo

Singen macht glücklich und ist tut Körper und Seele gut - besonders, wenn man es in Gemeinschaft tut. Doch nicht jeder möchte in einen Chor eintreten, und alleine im Auto mit Helene Fischer oder a cappella unter der Dusche wird es schnell langweilig. Wie gut, dass es seit einigen Jahren Mitsing-Veranstaltungen gibt. Sie schießen allerorten wie Pilze aus dem Boden, ob in trauter Kneipenrunde oder mit Tausenden im Stadion.

Zielgruppe ist die Generation "Ü 40", die als Jugendliche noch am Lagerfeuer aus der Mundorgel gesungen und Mamas alte Schlagerplatten mit der Bürste vorm Spiegel performt hat. Lange vor Karaoke und Castingshows haben sich die Klassiker von Udo Jürgens und Peter Alexander, von den Beatles und Bob Dylan im Kopf eingebrannt und die Stimmbänder zum Schwingen gebracht. So ist es auch für Norbert Knabben und Hans Lammert, die seit rund drei Jahren Mitsing-Abende veranstalten, ein leichtes, ihr Publikum im Vluyner Kulturcafé zu animieren.

Ein verzücktes Lächeln huscht über die Gesichter, wenn nostalgische Erinnerungen unverhofft zurückkehren. "Wir machen Musik, da geht uns der Hut hoch" ist das Eröffnungsstück, dessen Text auf eine große Leinwand projiziert wird. Das Lied ist uralt - im gleichnamigen Musikfilm von 1942 wird es von Ilse Werner gesungen. Der Text ist Programm: "Mit Musik ist ja das ganze Leben nur noch halb so schwer, mit Musik erreicht man ja auf dieser Welt bestimmt viel mehr." Am Donnerstagabend erreicht er zunächst einmal das gewünschte Ziel, nämlich das Publikum einzustimmen auf zweieinhalb Stunden singende Seligkeit. Lammert ist dabei der Mann am Mikrofon, der auch schon einmal hilft, die Töne zu treffen: "Achtung, jetzt kommt ein hoher Ton, da muss man die Arschbacken zusammen kneifen!". Obwohl es natürlich nicht auf das Treffen der Töne ankommt, kann sich der Spontanchor durchaus hören lassen. Denn wer Spaß am Singen hat, der kann in der Regel auch die richtigen Töne produzieren. Und wenn es das Lieblingslied ist, dann wird sogar richtig laut geschmettert. Dabei dominieren ganz eindeutig die Frauenstimmen, das ist nicht anders als in vielen Chören.

Mit Unterstützung von Lammert am Keybord und Knabben an der Gitarre geht es von Hannes Waders "Heute hier, morgen dort", über "Schuld war nur der Bossa Nova" zu Peter Maffays "Über sieben Brücken musst du gehen". Spätestens hier ist man doch froh, dass der Text ablesbar ist, und man stellt fest, dass die Textverteilung in den Strophen gar nicht so einfach ist wie der Refrain hat glauben lassen.

Ähnlich ist es bei Musik-Legende Bob Dylan. Das Nobelpreis-gekrönte "Tambourine Man" entpuppt sich als besonders anspruchsvoll. Einfacher wird's bei den deutschen Schlagern, die eindeutig zu den beliebteren Mitsingstücken gehören: Bei "Die kleine Kneipe in unserer Straße" haken sich die Sänger kollektiv unter und schunkeln gemeinsam. Wohlweislich halten Dagmar Simon und Angelika Wülker Salbeibonbons bereit, um den Abend stimmlich durchzuhalten. Die 56-jährigen Freundinnen aus Neukirchen-Vluyn sind begeistert von der vorweihnachtlichen Gemütlichkeit. Nach der Pause, in der Speisen und Getränke bestellt werden, genießen sie die gesangliche Einstimmung auf Weihnachten. Von Gospels und der Hommage an den kürzlich verstorbenen Leonard Cohen mit "Hallelujah" geht es bis zum Klassiker "Stille Nacht", bevor es dann mit Reinhard Mey heißt: "Gute Nacht, Freunde!"

(rauh)
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