Neukirchen-Vluyn Vortrag erinnert an die mageren Jahre nach 1945

Neukirchen-Vluyn · Im Rahmen des Projekts "Himmelwärts" des Museumsnetzwerks Niederrhein fand am Donnerstagabend in der Kulturhalle in Vluyn ein Vortrag zur Ernährungslage in den Hungerjahren nach dem Zweiten Weltkrieg statt.

 Krista Horbrügger sprang als Referentin kurzfristig ein.

Krista Horbrügger sprang als Referentin kurzfristig ein.

Foto: mkoo

Für die erkrankte Simone Frank, Historikerin an der Uni Duisburg-Essen, sprang sehr kurzfristig die ehemalige Geschichtslehrerin und ehrenamtliche Museumsmitarbeiterin Krista Horbrügger ein. Sie begann die Präsentation mit dem Hinweis, dass seit 2006 am 16. Oktober der "World Bread Day" begangen werde und dass die Deutsche Brotkultur in die immaterielle Liste des Weltkulturerbes aufgenommen worden sei. "Brot" stehe weltweit für Sehnsucht, Sicherheit und Heimat.

In den Nachkriegsjahren aber war Brot Mangelware, auch in Neukirchen-Vluyn. Obwohl genug landwirtschaftliche Flächen vorhanden waren, mangelte es an Saatgut und Dünger sowie der benötigten Infrastruktur für den Getreideanbau. Die Zuteilung von Lebensmitteln reichte nicht wirklich aus und die Schwarzmarktpreise waren horrend. So wurden drei Ks überlebenswichtig: Kohle, Kartoffeln und Kaninchen. Erstaunlicherweise waren Krankheiten aufgrund der Mangelernährung kein größeres Problem. Das lag vielleicht auch daran, dass die westlichen Besatzungsmächte seit 1947 alles daran setzten, um die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu unterstützen, unter anderem durch die sogenannten Care-Pakete.

Nach dem Vortrag erzählten einige Zuhörer von eigenen Erfahrungen. So erinnerte sich Margret Wermers (75) daran, dass es in ihrer Kindheit zwar keine Süßigkeiten gab, man sich aber in den sommerlichen Obstgärten umso mehr an süßen Mirabellen, Pflaumen und Äpfeln erfreute.

Horst Majdic (71) hat noch den Geruch von Schweinen und Kaninchen in der Nase, die in dieser Zeit in vielen Kellern gehalten wurden. An das Klauen von Benzin erinnerte sich Wolfram Berns (83): "Benzin war als Tauschwährung sehr beliebt und die Kinder wurden nicht so streng kontrolliert wie die Erwachsenen." Auch an die von Krista Horbrügger beschriebene Schulspeisung mit klebriger Erbsensuppe konnten sich viele der älteren Zuhörer noch gut erinnern.

Bei von der Kulturhallen-Küche gezauberten, modernen Varianten aus typischen Nachkriegszutaten wie Steckrübensuppe und Kartoffenpastetchen gingen die Gespräche danach weiter. Dazu gab es auch ein gutes Gläschen Wein.

(rauh)
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