Neuss 16-Jährige k.o. getropft?

Neuss · Eine Schülerin behauptet, von einem 40-Jährigen mit einem Mix aus Alkohol, Tabletten und Tropfen willenlos gemacht worden zu sein. Am Donnerstag war Prozessauftakt. Podiumsdiskussion zum Thema "K.O.-Tropfen" geplant.

 Das Neusser Landgericht hat einen Meerbuscher freigesprochen.

Das Neusser Landgericht hat einen Meerbuscher freigesprochen.

Foto: Andreas Bretz

Mit einem ungewöhnlichen Verfahren muss sich das Jugendschöffengericht in Neuss beschäftigen. Angeklagt ist ein 40-jähriger Finanzdienstleister aus Meerbusch. Der Geschäftsmann steht im Verdacht, eine 16-jährige Schülerin der Janusz-Korczak-Gesamtschule aus Neuss in seiner Wohnung mit Hilfe von K.O.-Tropfen ("Knock out") "willenlos" gemacht zu haben.

Derartige Fälle kommen nur selten zur Anzeige, weiß Sabine Rosenthal-Aussem vom Kommissariat Vorbeugung der Kreispolizeibehörde. Einmal, "weil viele Mädchen nicht wissen, was sie anzeigen sollen", wie sie sagt. Hinzu komme noch die Scham der Opfer. So könne durchaus von einem gewissen Dunkelfeld gesprochen werden.

Aktuell liegt der Polizei keine Anzeige vor und den Fall vor Gericht möchte Rosenthal-Aussem unkommentiert lassen. Doch das Thema ist landesweit aufgerufen, denn der Hotel- und Gaststättenverband und das Landesjustizministerium haben die Kampagne "Lass dich nicht K.O.-Tropfen" gestartet.

Weil, wie Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter betont, "wir uns einig sind, dass diese Gefahr ernst zu nehmen ist und vor ihr gewarnt werden muss". Das wird sie in Neuss persönlich tun, denn nächsten Dienstag (16.) gibt es bei den Maltesern eine Podiumsdiskussion zu diesem Thema. (Beginn 18 Uhr, Breite Straße 69).

Im Prozess vor dem Amtsgericht konnte das vermeintliche Opfer am Donnerstag nicht gehört werden. Sie wird nach Rücksprache mit ihrem Vater aussagen, wenn nächsten Donnerstag (14.30 Uhr) der Prozess fortgesetzt wird.

Der Beklagte schwieg. Dafür schilderte eine ebenfalls 16-jährige Schulkameradin des Opfers ihre Sicht der Dinge. Demnach könnte es sich auch um ein Eifersuchtsdrama handeln. Denn angeblich hätten sich beide 16-Jährige in den Porsche-Fahrer verliebt. Und der 40-Jährige fühlte sich offenbar vom Interesse der Schülerinnen geschmeichelt und verliebte sich laut Gericht auch in eine der beiden.

"Wir wollen heiraten, wenn ich 18 bin", erklärte die bildhübsche Schülerin als Zeugin. Ihre Schulkameradin war Ende April 2009 zur Polizei gegangen und hatte behauptet, in der Wohnung des Mannes mit einem Cocktail aus Alkohol, Tabletten und Tropfen willenlos gemacht worden zu sein.

"Tatsächlich waren bei einem Test Schlafmittel im Blut der Schülerin gefunden worden", so ein Justizsprecher. Wie diese Schlafmittel allerdings in den Körper der 16-Jährigen gelangt sind, ist unklar. Die Braut "in spe" behauptete: "Sie hat die Wohnung meines Freundes nach Tabletten durchsucht und diese dann eingenommen. Sie war eifersüchtig, deshalb erfindet sie solche Geschichten."

Sollten sich die Vorwürfe allerdings als wahr erweisen, drohen dem Meerbuscher mehrere Jahre Haft. Denn er steht laut Justiz unter Bewährung. Verurteilt wurde er, weil er einer Frau gegenüber handgreiflich geworden war.

(NGZ)
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