Neuss 50 Jahre nach Olympia noch im selben Boot

Neuss · Im Zweier-Kajak holten Annemarie Zimmermann und Roswitha Esser zwei Mal olympisches Gold. In einem Gespräch erinnern sie sich an alte Zeiten und erzählen von ihrem Leben - bald 50 Jahre nach der zweiten Medaille.

 Starkes Duo:Roswitha Esser (l.) und Annemarie Zimmermann holten zuerst 1964 in Tokio und dann 1968 in Mexiko die Goldmedaille im Zweier-Kajak.

Starkes Duo:Roswitha Esser (l.) und Annemarie Zimmermann holten zuerst 1964 in Tokio und dann 1968 in Mexiko die Goldmedaille im Zweier-Kajak.

Foto: woi

Ganz Holzheim fieberte mit, als Annemarie Zimmermann und Roswitha Esser im Zweier-Kajak um ihre olympischen Titel kämpften. Jung und Alt sammelten sich vor dem Radio, um ja keinen Bericht zu verpassen, und als die beiden Frauen tatsächlich Gold - zuerst 1964 in Tokio und dann 1968 in Mexiko - holten, war die Freude groß.

Nun, bald 50 Jahre nach dem Erhalt der zweiten Goldmedaille, sitzt Annemarie Zimmermann mit Roswitha Esser am Kaffeetisch, es gibt selbst gebackene Kekse und Pralinen. Sie lachen, wenn sie sich an einzelne Anekdoten erinnern. Zum Beispiel, als Annemarie Zimmermann erzählt, wie sie überhaupt zum Kanusport gekommen ist. Denn eigentlich, so erzählt sie, sei sie immer gut in Leichtathletik gewesen. Aber in Holzheim habe es damals keinen Verein gegeben. Kanufahren durfte sie nicht. Also hat sie ihren Bruder heimlich bei seinem Hobby begleitet. "Meinen Eltern habe ich es erst erzählt, als die erste Regatta anstand." Roswitha Esser, die mit ihrem Hund Brownie in Weckhoven wohnt, stammt aus Godesberg. Kennengelernt haben die beiden Frauen sich bei der Deutschen Meisterschaft in Hannover. Roswitha Esser erinnert sich genau: "Du warst Zweite und ich Dritte." Auf dem Siegertreppchen haben sie sich unterhalten, darüber, dass beide alleine im Verein waren und keine passende Partnerin hatten. "Jeder fährt auch gerne einmal Mannschaftsboot." Der sportliche Erfolg hat das Leben der beiden geprägt. Aber, so fügt Roswitha Esser hinzu: "Man lebt nicht nur davon, viel ist in der Zwischenzeit passiert."

Doch ab und an treten die Erinnerungen wieder in den Alltag der heute 76 und 77-Jährigen. "Ich wurde vor kurzem durch meinen Enkel daran erinnert", erzählt Annemarie Zimmermann, "er hat für die Schule eine Präsentation über die Zeit zusammengestellt. Dafür habe ich noch einmal in den dicken Alben gewälzt." Erkannt werden sie auch nach all den Jahren noch - meist "von Leuten aus unserer Generation." "Wenn es ehrlich gemeint ist, freue ich mich über das Interesse", sagt Roswitha Esser. Beide sind Ehrenmitglieder ihres Heimatvereins der SG Holzheim. Annemarie Zimmermann ist zudem in einer Turngruppe und dem Schützenzug "Frei weg" aktiv und geht alle zwei Tage zur Physiotherapie in ein Fitnessstudio. Denn 2017 hat ihr gesundheitlich nicht viel Glück gebracht.

Doch nun ist sie auf dem Weg der Besserung und schmiedet schon neue Pläne: "Im nächsten Jahr soll es mit dem Fahrrad hoch zum Niederrhein und rüber in die Niederlande gehen. Die zweifache Olympiasiegerin geht mit der Zeit, skypt am Laptop und verschickt Nachrichten bei Whatsapp. Sie zehrt von den Reisen, die sie in der Vergangenheit gemacht hat - viele Jahre lang habe sie Bekannte quer über den Globus besucht. Eine weitere Leidenschaft ist die Gartenarbeit. Hilfe bekommt sie von "lieben Nachbarn". Im heimischen Grün pflanzt sie Obst und Gemüse an: "Tomaten, die es nicht zu kaufen gibt, hin und wieder Kartoffeln, um den Boden aufzulockern." Die geernteten Speisen verschenkt sie oder kocht mit ihnen, wobei sie kochen gar nicht so gerne mag. "Du hast immer kochen lassen", scherzt Annemarie Zimmermann, "dafür ist sie die handwerklich Begabtere".

Für das neue Jahr haben die beiden ehemaligen Profi-Kanutinnen nur einen Wunsch: Gesundheit.

(ubg)
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