Neuss Am 80. Geburtstag ganz normal zur Arbeit

Neuss · Heide Broll, die Ehrenvorsitzende der FDP, engagiert sich neben der Politik noch immer für ihren Verein Sarvodaya.

 2012 konnte Heide Broll auf 30 Jahre Entwicklungsarbeit für Sri Lanka zurückblicken. Dem Verein Sarvodaya Deutschland widmet die FDP-Politikerin als Vorsitzende auch heute noch viel Zeit und Arbeit.

2012 konnte Heide Broll auf 30 Jahre Entwicklungsarbeit für Sri Lanka zurückblicken. Dem Verein Sarvodaya Deutschland widmet die FDP-Politikerin als Vorsitzende auch heute noch viel Zeit und Arbeit.

Foto: A. Woitschützke

Parteifreund Hermann-Josef Verfürth nennt es ein Unding: Ausgerechnet für den Tag, an dem die Ehrenvorsitzende der FDP ihren 80. Geburtstag feiert, beruft die amtierende Parteiführung einen Stadtparteitag ein. "Das geht doch nicht", sagt er. Doch, es geht. Und Heide Broll, die Alterspräsidentin im Neusser Stadtrat, scheint das wenig zu bekümmern. Sie müsse heute schließlich arbeiten, warnt Geburtstagskind Broll via Facebook mögliche Gratulanten vor, denn der Verwaltungsrat des Lukaskrankenhauses tagt - und da muss sie hin.

Wer der großen alten Dame der Neusser FDP gratulieren möchte, sollte sie besser morgen zwischen 14 und 16 Uhr in dem kleinen Laden besuchen, den der Verein Sarvodaya Deutschland an der Klarissengasse als Kontaktstelle eingerichtet hat. Aber er sollte weder Geschenke noch Blumen mitbringen. Wer meint, dass so etwas dazugehört, wenn man ein Geburtstagskind besucht, sollte lieber Geld für den Verein Sarvodaya spenden, dem die amtierende Vorsitzende seit 1981 Zeit, Geld und vor allem Herzblut opfert.

 1986 wurde Broll Vorsitzende der Neusser FDP - und blieb es bis 2001.

1986 wurde Broll Vorsitzende der Neusser FDP - und blieb es bis 2001.

Foto: NGZ-Papierarchiv

Das Engagement trägt Früchte in dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Inselstaat Sri Lanka. Das dort von Neuss aus initiierte Existenzgründungsprogramm FIL ermöglichte alleine im Vorjahr 20 Frauen den Sprung in die Selbständigkeit. Nicht das als "Fünf-Cent-Programm" gestartete Einsammeln von Kleinstspenden trug und trägt dazu bei. Ein Ziel von Sarvodaya: Eigeninitiative fördern. Da klingt schon viel FDP durch.

Der Partei trat die in Wetzlar (Hessen) geborene Soziologin in den 1970er Jahren bei. Ein politisches Mandat konnte sie damals nicht anstreben, weil sie als Referentin im Landes-Wirtschaftsministerium, dem sie 37 Jahre lang (und bis 2003) angehörte, keine Politik mitgestalten durfte. Sie hatte im Ministerium aber auch Gestaltungsräume genug, wie die Gründung des "NRW Design-Zentrums" zeigt, bei der sie Pate stand. Oder das Kölner Musikfestival Popkom, das sie mit Dieter Gorny, dem einflussreichen Chef des Musiksenders VIVA, in den 199ern aus der Taufe hob.

Bis zur Rente blieb ihr der Weg in den Stadtrat versperrt, aber Parteiämter standen ihr offen. Und das lag der Frau, die Parteifreunde bis heute als gradlinig und ehrlich beschreiben. Sie wurde 1986 Vorsitzende des Neusser Stadtverbandes der FDP, den sie auch über die schweren Jahre trug, wie ihr amtierender Nachfolger Michael Fielenbach anerkennend feststellt, als die FDP nicht im Stadtrat vertreten und sie das Gesicht der Partei war.

Ab 1989 war Broll in Personalunion auch Kreisvorsitzende und - später (ab 1990) für einige Jahre auch stellvertretende Vorsitzende des FDP-Bezirksverbandes. Mehrfach - wenn auch mit leider weniger Erfolg - kandidierte Broll zudem für den Land- beziehungsweise den Bundestag.

Ein besonderer Tag war auch der 17. Februar 1989, als sie das Bundesverdienstkreuz erhielt. Ein Festtag war das damals. Heute, also ihren 80. Geburtstag, zählt sie nicht zu diesen. Er sei, so Broll, "ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag."

(-nau)
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