Neuss Anliegerprotest gegen Straßenbau-Umlage

Neuss · Der Umbau von Fichte- und Olympiastraße wird zum Auslöser über eine Debatte zur Kostenbeteiligung von Bürgern bei Straßenerneuerungen. Die Verwaltung stellt klar: Ein Bauvorhaben ohne diese Beiträge ist nicht möglich.

 Nach den Straßenarbeitern kommt die Rechnung für die Anwohner.

Nach den Straßenarbeitern kommt die Rechnung für die Anwohner.

Foto: Woi

Wenn Straßen und Kanäle erneuert werden, dann ist das für die Anlieger meist nie zum Nulltarif zu haben. Aber die drohende Zahlungsaufforderung wird offenbar immer öfter nicht mehr nur achselzuckend einfach zur Kenntnis genommen. Das zeigt aktuell die Debatte um den Umbau von Fichte- und Olympiastraße im Stadionviertel, die sich - so vermuten Experten - schon bald in der Mühlenstraße wiederholen könnte. Doch die Verwaltung hält dagegen. "Die Frage, ob Beiträge erhoben werden, steht nicht im Ermessen der Stadt" heißt es in einer Erläuterung für die Sitzung des Bauausschusses, aus der am Donnerstag ein Proseminar für Gebührenrecht werden könnte.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) gehört zu denen, die diese Straßenausbaubeiträge kritisch hinterfragen. Denn für die Betroffenen geht es oft um Beträge im vier- wenn nicht gar fünfstelligen Bereich, die - eine Musterklage dazu unterstützt der Steuerzahlerbund - auch nicht steuerlich geltend gemacht werden können. Der BdSt verweist deshalb auf den Gestaltungsspielraum, den Kommunen bei der Kalkulation dieser Gebühren haben.

Die Neusser CDU ihrerseits ist gewillt, dem Bürgerunmut Raum zu geben. Nachdem die CDU-Fraktion im Namen der betroffenen Bürger Ende vergangenen Jahres einen kostenintensiven Ausbau der Fichte- und Olympiastraße verhindert hatte, kündigt sie jetzt kritische Begleitung an. "Wir werden die vorgelegten Berechnungen genauestens prüfen", sagt der Stadtverordnete Dieter Welsink mit Blick auf die Bauausschuss-Unterlagen. Er stellt aber klar: "Eine Entscheidung über die Köpfe der Anwohner hinweg darf nicht erfolgen." Die von der Verwaltung angeregte Bürgerinformationsveranstaltung vor Ort findet deshalb seine Zustimmung.

Olympia- und Fichtestraße sollten im Anschluss an die Kanalsanierung in der Preußenstraße in Angriff genommen und umgestaltet werden. An der Notwendigkeit, den Kanal sanieren zu müssen, lässt die Infrastruktur Neuss (ISN) als Nachfolgerin der Stadtentwässerung hier wie dort keinen Zweifel. Diese sind zwischen 60 und 85 Jahre alt und inzwischen zu klein für die Mengen, die sie aufnehmen müssten. Das erfüllt gleich zwei der Voraussetzungen, fasst Johannes Steinhauer von der ISN zusammen, die eine Erneuerung unumgänglich macht.

Die neuen Schmutzwasserkanäle kosten die Anwohner nichts. Dafür zahlen sie ja Abwassergebühren. Doch die Regenwasserkanalisation haben sie - so will es das Kommunalabgabengesetz des Landes - mitzufinanzieren. 96.000 von insgesamt 320.000 Euro fallen dafür für die Anwohner der Fichtestraße an, rechnet die Verwaltung vor. 18.000 (von 60.000) Euro für die Anwohner der Olympiastraße. Damit steht aus Sicht der Verwaltung fest: Die kostenneutrale Kanalsanierung, die die Bürger wohl erhofft hatten, als sie sich gegenüber der CDU äußerten, gibt es nicht.

Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, mit der Kanalsanierung auch den Straßenraum - verkehrsberuhigt - neu zu ordnen. Diesen Vorschlag hatte Bürgermeister Reiner Breuer in der Ratssitzung im November zurückgezogen, denn die CDU hatte nach einer Bürgerversammlung deren Wunsch übernommen, oberirdisch alles beim Alten zu belassen - und gar nichts bezahlen zu müssen. Nun wird die Verwaltung ihren Vorschlag aber erneut zur Abstimmung stellen. Denn mittelfristig, also im Zeitraum von fünf bis zehn Jahren, müssen die Straßen nach Angaben des Tiefbaumanagements (TMN) ohnehin saniert werden. Der Verschleiß der Fahrbahn konnte zwar vor fünf Jahren durch eine Deckensanierung verlangsamt werden. Die, so das TMN, "vorhandene und unzureichende Straßensubstanz wurde dabei aber nicht verbessert". Aus Sicht von TMN-Geschäftsführer Frank Gensler würden die Anwohner also zwar Zeit gewinnen, wenn sie - und mit ihnen die Politiker - jetzt auf einer kleinen Lösung bestehen. Unter dem Strich aber würde das Projekt für sie allerdings um 60 bis 70 Prozent teurer.

"Wir haben Infrastruktur Neuss, Tiefbaumanagement und Stadtwerke unter einem Dach zusammengeführt, weil wir den Bürgern effiziente und wirtschaftliche Lösungen bieten wollten", sagt Gensler. Das funktioniert aber nicht, wenn die Maßnahmen jetzt wieder getrennt werden. Zur Aussicht, innerhalb weniger Jahre vor der Haustür eine Baustelle zu haben, kämen höhere Kosten. Die Beiträge für die Fichtestraßen-Anwohner erhöhen sich bei Trennung von 351.960 auf 563.600 Euro, an der Olympiastraße von 131.340 auf 225.300 Euro.

(-nau)
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