Neuss Aus Liebe zur Musik

Neuss · Wann genau ihr bewusst geworden ist, dass es vor allem die Geige war, die es ihr in ihrem hochmusikalischen Elternhaus angetan hatte, weiß Liza Ferschtman nicht mehr. Ihr Vater, ein Cellist, und ihre Mutter, eine Pianistin, hatten einen großen Freundeskreis aus Musikern. "Sie werden bei uns viel gespielt haben, und bestimmt war auch eine Geige dabei", sagt die Violinistin. Sicherlich. Wenn der Geiger Philipp Hirschhorn schon ein enger Freund der Familie ist.

 Die Geigerin Liza Ferschtman wurde 1979 in den Niederlanden geboren, lebt aber heute überwiegend in Stuttgart.

Die Geigerin Liza Ferschtman wurde 1979 in den Niederlanden geboren, lebt aber heute überwiegend in Stuttgart.

Foto: Marco Borggreve

Und so ergänzt die 34-Jährige mit einem kleinen bedauernden Lachen: "Ich kann mich daran nicht mehr erinnern!" Vielleicht, so mutmaßt sie heute (allerdings auch nicht ganz ernsthaft), haben die Eltern ihr die Geige auch nahegebracht, weil sie dann zu Hause ein Klaviertrio bilden konnten ...

Fest steht, und dass weiß die niederländische Musikerin genau, dass sie fünf Jahre alt war, als sie die erste Geige bekommen hat. Dass das Kind ebenso wie seine ältere Schwester ein Instrument lernen würde, war keine Frage. Aber dass daraus gleich eine bemerkenswerte Karriere erwachsen würde, hatte zunächst wohl keiner gedacht. Zumal da Lizas ältere Schwester mit ihrer Begabung am Klavier auch alles für ein Leben als professionelle Musikerin mitbrachte. "Aber sie hat sich letzten Endes dagegen entschieden", sagt Liza Ferschtman, "die Bühne sagte ihr nicht zu. Dort zu stehen, bedeutete für sie, zu viel von sich persönlich preisgeben zu müssen."

Natürlich brachte das auch die jüngere Schwester zum Nachdenken. Sie wusste früh um den Druck, aber entschied für sich, den Weg weiterzugehen. "Natürlich habe ich mich gefragt, ob ich das mag", sagt sie, "aber ich habe auch gespürt, dass ich solistisch arbeiten und dabei sehr gut sein kann."

Ein hohes Niveau erreichen und halten - das gehört unbedingt zu ihrer Berufsauffassung dazu. Davon kann sich am kommenden Mittwoch auch das Neusser Publikum im Zeughaus überzeugen. Liza Ferschtman wird zusammen mit dem Pianisten Enrico Pace die Konzertsaison beschließen. Auf dem Programm steht auch eines ihrer Lieblingswerke, die aMoll Sonate von Ludwig van Beethoven. Allerdings schränkt sie sofort ein: "Eigentlich gibt es ganz viele, aber dieses Werk mag ich wirklich besonders gern."

Dass sie ihre Ausbildung - am Amsterdamer Konservatorium, am Curtis Institute in Philadelphia und bei David Takeno in London - überhaupt so konsequent angegangen ist, hängt mit ihrer sehr, sehr großen Liebe zur Musik zusammen, wie sie es selbst sagt. "Sie ist mir das Wichtigste", erklärt sie, "und ich habe ein großes Bedürfnis, diese Liebe mit anderen Menschen zu teilen."

Deshalb also spielt sie. Als Solistin mit Orchestern wie der Staatskapelle Weimar, den Bochumer Symphonikern, den Essener oder den Bremer Philharmonikern. Als Kammermusikerin mit Partnern wie Jonathan Biss, Elisabeth Leonskaja, Enrico Pace, Christian Poltera, Lars Anders Tomter oder Alisa Weilerstein. Und dann übernahm sie 2007 noch die künstlerische Leitung des bedeutendsten niederländischen Kammermusikfestivals in Delft, ein Jahr zuvor hatte sie mit dem Nederlandse Muziekprijs die höchste Auszeichnung bekommen, die in ihrem Geburtsland verliehen wird.

Wie weiß man, dass man das alles will? Liza Ferschtman überlegt. Wann genau sie sich für die Profi-Laufbahn entschieden hat, weiß sie zwar nicht mehr genau. Aber es gibt ein Erlebnis, dass sie zumindest sehr bestärkt hat. "Mit 14 Jahren habe ich an meinem ersten Wettbewerb teilgenommen", sagt sie. "Für mich war klar: Wenn ich es ins Finale schaffe, bin ich gut genug, um weiterzumachen." Fast überflüssig zu sagen, dass sie den Wettbewerb gewonnen hat.

HELGA BITTNER

(NGZ)
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