Neuss Bett, Frühstück und ganz viel Herz

Neuss · Die Irakerin Souad Khodayer beherbergt in ihrer "Pension Neuss Nord" Urlauber, Messebesucher und Monteure - zu kleinen Preisen. Mit der Eröffnung im Jahr 2015 erfüllte sich die fünffache Oma einen lang gehegten Traum.

 Souad Khodayerit kam mit ihren vier Kindern aus dem Irak nach Deutschland und lebt seit 2010 in der Neusser Nordstadt. Das Haus, in dem sich ihre Pension befindet, wurde 1919 gebaut.

Souad Khodayerit kam mit ihren vier Kindern aus dem Irak nach Deutschland und lebt seit 2010 in der Neusser Nordstadt. Das Haus, in dem sich ihre Pension befindet, wurde 1919 gebaut.

Foto: Andreas Woitschützke

Von außen wirkt die Nummer 160 wie ein normales Wohnhaus. Ein unscheinbares Schild weist Gästen den Weg zu Souad Khodayer. Die Irakerin beherbergt in ihrer kleinen, aber feinen "Pension Neuss Nord" auf der Kaarster Straße "Gäste aus aller Welt", sagt sie. Zur Drupa sei die Pension voll belegt gewesen, mit Besuchern aus der Schweiz, Ägypten, Bangladesch und Deutschland. Kein Wunder: Für nicht einmal 40 Euro die Nacht kann man bei Souad Khodayer übernachten, frühstücken - und mit ihr plaudern. "Ich bin gerne Gastgeberin", sagt sie. "Auch, weil ich jeden Tag mit Menschen in Kontakt komme - das macht mir sehr viel Spaß".

Zimmer und Essraum sind einfach, aber neu, modern und gemütlich eingerichtet: Zwei Holzbetten, Holzschrank, dunkelbrauner Fußboden mit anthrazitfarbenen Teppichen, pink-weiße Blumentapete und auch sonst überall Blumen: auf der Fensterbank, auf Leinwänden und auf der Anrichte. Darunter blinkt der Wlan-Router. "Internet ist das erste, wonach die Gäste fragen", erzählt die Inhaberin, die 1997 mit ihren vier Kindern aus dem Irak nach Deutschland kam und seit 2010 in der Neusser Nordstadt lebt. Das 1919 erbaute Haus, in dem sich ihre Pension befindet, hat sie gekauft, nachdem sie ihr Haus in Bagdad verkauft hatte; zwei Einzelzimmer befinden sich unterm Dach, ein Zweibettzimmer im Erdgeschoss. "Das mögen vor allem ältere Gäste, weil sie keine Treppen steigen müssen", sagt Souad Khodayer.

Gäste, die in der Nordstadt eine Übernachtungsmöglichkeit suchten, hatten nie die Qual der Wahl. Doch seit die Pächter des Further Hofs Mitte 2015 den Hotel- und Gaststättenbetrieb schließen mussten, fehlen Gästezimmer in dem großen Neusser Stadtteil fast gänzlich. Die Lücke konnte Souad Khodayer zumindest teilweise schließen: "Bei mir können die Gäste zur Ruhe kommen, auf dem überdachten Balkon oder bei schönem Wetter im Hof etwas trinken und auch frühstücken", erzählt die Mutter und fünffache Oma, die ihr Alter lieber nicht preisgeben möchte. "Aber auch Bewohner, die nicht frühstücken, finden bei mir morgens immer einen Kaffee auf dem Tisch."

Im Irak war Souad Khodayer Lehrerin, hat mit der Familie Schlimmes erlebt und ist mit ihren Kindern nach Deutschland geflüchtet. Über das Eröffnen einer Pension habe sie schon lange nachgedacht, diesen Traum aber erst im September 2015 verwirklicht. Vorher hatte es die Familie mit Imbiss und Kiosk versucht - beides ohne Erfolg. "Alle Genehmigungen für die Pension zu bekommen hat mich viel Geld und Energie gekostet", sagt sie. Der Aufwand für Brandschutz, neue Dachfenster und andere Auflagen haben sich aber gelohnt. Die Pension ist gut besucht, Gäste, sagt sie, schätzen die günstige Verkehrsanbindung - die Bushaltestelle ist direkt vor der Tür, die Autobahn wenige Minuten entfernt. Gäste, hauptsächlich Messebesucher und Monteure, aber auch Touristen, die abends müde und hungrig in der Pension ankommen, schickt sie gleich in die Pizzeria nebenan. Diesen Service schätzen ihre Besucher - und kommen gerne wieder. "Man wird nicht Millionärin, kann aber davon leben", so lautet Souad Kodayer's Fazit.

(NGZ)
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