Neuss Bittersüße Wandlung eines Misanthropen

Neuss · Am Freitag hatte die französische Komödie "Die Studentin und Monsieur Henri" im Theater am Schlachthof Premiere. Die Geschichte von Henri - einem bärbeißigen alten Witwer - sorgte für eine emotionale Achterbahnfahrt.

 Henri (gespielt von Bertolt Kastner) ist ein verbitterter Mann. Doch als es plötzlich an der Tür klingelt und die dauerfröhliche Studentin Constance (Barbara Wegener) vor ihm steht, verändert sich sein Leben.

Henri (gespielt von Bertolt Kastner) ist ein verbitterter Mann. Doch als es plötzlich an der Tür klingelt und die dauerfröhliche Studentin Constance (Barbara Wegener) vor ihm steht, verändert sich sein Leben.

Foto: Tas

Alles beginnt bei einem Tee und Musik aus dem Radio. Der Witwer Henri hat sich arrangiert mit seinem Hass gegenüber der Welt und den Menschen: Graue Hose, graues Hemd, graue Haare - sogar der Gips am gebrochenen Arm ist grau. Doch dann klingelt es plötzlich an der Tür und es kommt langsam Farbe in sein Leben. Draußen steht die Studentin Constance - auf der Suche nach einem Zimmer. Zwei Mal schlägt Henri ihr die Tür vor der Nase zu. Es ist der Auftakt zum neuen Stück "Die Studentin und Monsieur Henri", das am Freitagabend im Theater am Schlachthof (TaS) Premiere feierte.

Es erzählt die Geschichte von Henri dem misanthropischen, bärbeißigen alten Witwer. Sohn Paul hat ihn aus Sorge um seine Gesundheit gezwungen, ein Zimmer seiner Wohnung zu vermieten. Daher steht nun also Constance vor der Tür. Der alte Griesgram tut alles, um die 21-Jährige zu entmutigen, doch sie braucht das Zimmer und schluckt seine Grobheiten. Schließlich darf sie einziehen und sogar ein halbes Jahr mietfrei wohnen - unter einer Bedingung: Constance soll versuchen, Henris Sohn zu verführen, damit der die verhasste Schwiegertochter Valérie verlässt.

Daraus entsteht eine Komödie, die aber auch von ihren anrührenden Passagen lebt, Einblick in das Seelenleben der Charaktere gibt und ihre Veränderung erzählt. So ist der von Bertolt Kastner wunderbar gespielte Henri nicht bösartig, auch wenn er sich zuweilen so verhält. Und hinter der Fassade der von Barbara Wegener gespielten dauerfröhlichen Studentin Constance verbirgt sich der Konflikt mit dem eigenen Vater. Daniel Marré als Paul hingegen findet aus seiner Verklemmtheit zu ungeahnter Potenz und schließlich zu väterlicher Souveränität. Seine Ehefrau gibt Natascha Popov als nervige Gattin mit Apple-Crumble.

Für besonderen Charme sorgt das Bühnenbild im TaS. Die Wohnküche von Monsieur Henri ist perfekt gelungen, ergänzt Geschichte und Schauspieler wunderbar. 70er-Jahre-Tapete, gepolsterter Sessel und altes Telefon. Vier Türen. Sehr stimmig und sehr "retro", wie Constance es ausdrückt. Doch zur reinen Dekoration steht da nichts. Die Küche, der Esstisch, die Garderobe - alles wird benutzt. Auch das Klavier. Denn Constance darf nach anfänglichem Verbot darauf spielen. Zunächst Chopin, später ihr eigenes Lied, das Schauspieler Daniel Marré dafür komponiert hat. Auch wenn Barbara Wegener keine Klavier-Virtuosin ist, geben die Auftritte am Piano dem Stück ein besonders gefühlvolles Moment. Da fließt dann auch die ein oder andere Träne der Rührung. Wohingegen bei Pauls betont lässigem Auftritt in grüner Jacke, Jeans und mit Sonnenbrille auch manchen Zuschauern vor lauter Lachen die Tränen kommen.

Am Ende gibt es viel Applaus. Die Zuschauer sind begeistert, applaudieren lange und schließlich rhythmisch - sehr zur Freude der Schauspieler. Noch neun Mal gibt es das Stück im TaS zu sehen. Zum Beispiel nächsten Freitag und Samstag, jeweils um 20 Uhr.

(NGZ)
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