Martin Wortmann, Stefan Jung "Brauchen Leute, die in den Blaumann steigen"

Neuss · Die Chefs der neuen RFH in Neuss sprechen über die Übernahme, ihre Ziele und wie sie die duale Ausbildung stärken wollen.

 Stefan Jung (li.) leitet die RFH in Neuss kommissarisch, Martin Wortmann ist Geschäftsführer der Rheinischen Fachhochschule in Köln.

Stefan Jung (li.) leitet die RFH in Neuss kommissarisch, Martin Wortmann ist Geschäftsführer der Rheinischen Fachhochschule in Köln.

Foto: Andreas Woitschützke

Warum haben Sie die Hochschule Neuss übernommen?

Martin Wortmann Die Rheinische Fachhochschule (RFH) ist eine traditionsreiche und sehr erfolgreiche Hochschule. Mit 6000 Studenten sind wir in Köln ein starker Bildungsträger. Wir wissen aber auch, dass sich die Hochschullandschaft in Deutschland stark verändert, der Wettbewerbsdruck steigt. Wir wollen wachsen und uns den veränderten Bedingungen stellen. Neuss ist für uns wichtig wegen der dualen Studiengänge, des Netzwerkes und guten Verbundenheit zu mittelständischen Unternehmen. Die zentrale Lage ist ebenfalls von Vorteil.

Ist der Rhein-Kreis Neuss für Sie als Wirtschaftsregion auch von Vorteil?

Wortmann Natürlich ist das Einzugsgebiet interessant. Hier gibt es viele bildungsbereite junge Menschen, erfolgreiche Unternehmen und das Freizeit- und Kulturangebot ist groß. In der Tat, die Region ist wirtschaftlich gut situiert, also können wir davon ausgehen, dass es für die RFH ein guter Standort ist. Wir wollen in der Region konstruktiv wirken und werden den engen Kontakt zu den Kammern, der Politik, den Medien, der Kultur und Industrie undsoweiter suchen. Eine Hochschule ist eine Möglichkeit dafür zu sorgen, dass Nachwuchs ausgebildet wird und am Standort bleibt. Das ist ein wichtiger Faktor für eine Region, angesichts der demographischen Entwicklung.

Wie waren die ersten Tage?

Stefan Jung Sehr spannend und zeitintensiv, weil für alle vom ersten Tag an viele Kleinigkeiten zu regeln waren. Aber wie das hier gelaufen ist und wie die Mitarbeiter hier mitziehen, das macht mir Mut.

Was machen Sie besser als Ihre Vorgänger?

Jung Wir reden nicht mehr über alte Zeiten und richten den Blick nun nach vorn. Wir müssen nach der mehrmonatigen Unsicherheit für Stabilität und Kontinuität sorgen. Dafür bringen wir ein gewaltiges Know-How und Erfahrung mit. WORTMANN Im ersten Schritt müssen wir unsere tragfähigen Strukturen einbringen. Und, wenn wir das erreicht haben, stellen sich Fragen und Ziele, was wir in den nächsten fünf Jahren erreichen wollen. Wir werden die Studiengänge erstmal so weiterführen, wie sie sind. Logistik sowie Industrie und Handel sind das Pfund dieser Hochschule. Die Frage ist, wie wir das strategisch weiter ausbauen werden.

Wie geht es weiter mit dem Masterprogramm?

Wortmann Das müssen wir uns jetzt genau anschauen. Wir haben ja einige Master-Studiengänge. Es wird auf jeden Fall einen Anschluss nach dem Bachelor geben. JUNG Jetzt müssen wir erstmal die Bachelor-Studiengänge konsolidieren. Das Problem dieser Hochschule war nicht das Angebot.

Die Hochschule Neuss hatte viele Partnerunternehmen.

Wortmann Wir hatten eine erste Sitzung mit einer Reihe von Unternehmen, weitere Gespräche werden folgen. Für sie geht es auch um Sicherheit und eine Perspektive mit uns. Ich hatte das Empfinden, dass alle mit einem positiven Eindruck das Treffen verlassen haben.

Otto Jockel und Fadi Mohsen, das bisherige Präsidium der Hochschule, ist nicht mehr hier tätig?

Wortmann Nein, sie werden ihre Dozententätigkeit zu Ende führen und ihre Bachelor-Studenten auch weiter betreuen. Aber in die Leitung des Standorts sind sie nicht mehr eingebunden.

Mit der FOM und der EUFH gibt es zwei weitere private Hochschulen in Neuss. Und im Rhein-Kreis besteht noch immer der Wunsch nach einer staatlichen Hochschule.

Wortmann Das ist eine politische Entscheidung. Wenn man sich das Umfeld anschaut, ist man mit öffentlichen Hochschulen sehr gut bestückt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man sich da selbst Konkurrenz machen möchte.

Die Zahl der Studenten steigt immer weiter. Ist das für Sie ein Problem?

Wortmann Für IHK und Handwerkskammer ist das ein großes Problem. Man entzieht der Industrie den Mittelbau, ausgebildete Fachkräfte, die an der Maschine stehen. Deshalb ist die Dualität der Studiengänge so wichtig. Wir brauchen Leute, die in den Blaumann steigen. Davon lebt die deutsche Industrie.

Welchen Beitrag können Hochschulen leisten, die duale Ausbildung zu stärken?

Wortmann Indem sie duale Studiengänge anbieten. So werten wir die Ausbildung auf. Wir brauchen die Theorie gekoppelt mit Praxis. Wer beides beherrscht, ist richtig gut.

ANDREAS GRUHN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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