Musicalwochen Neuss Bühnenausbildung ohne Gage

Neuss · Die Produktion der Neusser Musicalwochen dient zur Orientierung in Sachen Beruf. Den Unterricht machen Profis

 Im vergangenen Jahr wurde "Fame" bei den Neusser Musicalwochen inszeniert. In diesem Jahr feiert die Institution 20-Jähriges, aber eine neue Produktion gibt es erst 2017.

Im vergangenen Jahr wurde "Fame" bei den Neusser Musicalwochen inszeniert. In diesem Jahr feiert die Institution 20-Jähriges, aber eine neue Produktion gibt es erst 2017.

Foto: Hanne Brandt

Wenn im kommenden September das Musical "Spring Awaken" der Alten Post und der Musikschule über die Bühne des Globe geht, sitzt auf dem Stuhl des Musikschulleiters Reinhard Knoll schon der Nachfolger. Aber vorher hat Knoll zusammen mit Hans Ennen-Köffers, dem Leiter der Alten Post, noch Pflöcke eingeschlagen. Indem die beiden - trotz der im März anstehenden Pensionierung von Knoll - für 2017 die Neusser Musicalwochen organisiert haben.

Druck wollen sie damit nicht ausüben, aber es kann auch nicht schaden, wenn Knolls Nachfolger sieht, was die beiden Häuser schon seit 20 Jahren so erfolgreich auf die Beine stellen. "Wir werden sehen, wie es dann weitergeht", sagt Ennen, der ja noch eine Weile als Chef der Alten Post im Dienst sein wird. Gleichwohl haben sich die beiden schon jetzt zurückgenommen. Ganz bewusst, wie Ennen betont, denn: "Wir wollen mit Blick auf die Zukunft mehr Verantwortung abgeben." An Regisseur Sven Post und den musikalischen Leiter, der mal Edwin Schulz, mal Ralf Beckers heißt. Für "Spring Awaken" ist Schulz mit im Boot, er hat das Stück auch mit Sven Post zusammen ausgesucht und Ennen wie auch Knoll begeistert. Den einen, weil er meint, dass das Thema vom schwierigen Erwachsenwerden, wie es Frank Wedekind in der Musical-Vorlage "Frühlings Erwachen" thematisiert, immer noch hochaktuell ist. Der andere, weil er von der Musik begeistert ist. "Damit gehen wir in eine neue Richtung", sagt Knoll höchst zufrieden, "Rock und Pop sind eher ungewöhnlich in der Musical-Musik."

Zum ersten Mal in der Geschichte der Musicalwochen gibt es daher auch eine Audition für Musiker. Vor allem Band-Instrumente sind erforderlich: "Zwei Gitarren, Schlagzeug, Bass und Keyboard", sagt Knoll, dazu kommen Cello und Violine. Das Musikercasting schließt sich am Sonntag den Auditions für die Darsteller an, nur der Ort wird gewechselt: Statt Alte Post ist es das Romaneum. Bei den früheren Projekten wurden zumeist Orchester gebraucht, die Musiker aus der Musikschule rekrutiert, nun habe man sich ganz bewusst geöffnet, sagt Knoll. Aber für die Musiker gilt, was auch bei den Darsteller-Kandidaten wichtig ist: Die Arbeit an der Aufführung hat den Status einer vorberuflichen Orientierung. "Dafür braucht es Einsatz und Disziplin", betont Ennen, "auch wenn nicht jeder, der mitmacht, danach unbedingt Schauspieler oder Musiker werden muss." Eine "gewisse Theaterbegeisterung" erwartet er schon, aber hofft natürlich auch darauf, dass mancher Interessent über die Arbeit an dem Musical solche eben in sich entdeckt und dann fördert. Ausschließlich Profis werden die Teilnehmer unterrichten - Gagen gibt es für Letztgenannte nicht und für die Profis auch nur in einer Höhe, die mit "Appel und Ei" zutreffend beschrieben ist.

Gleichwohl ist die Produktion eines Musicals teuer. Rund 45.000 Euro kommen da schnell zusammen. Für die Globe-Miete inklusive Bühnenmeister, Hausmeister, Reinigungspersonal, für das technische Equipment und mehr. Rund 30.000 Euro müssen über Sponsoren eingeworben werden, 10.000 Euro werden aus den Etats von Musikschule und Alte Post beigesteuert. Den Rest müssen die Einnahmen erbringen. "Ich habe mal ausgerechnet, dass rund 1000 Euro in die Ausbildung eines Musical-Teilnehmers fließen", sagt Ennen.

Sieben Vorstellungen sind für "Spring Awaken" geplant, 16 Darsteller werden gesucht. Ein bisschen Erfahrungen sollten die Bewerber schon haben, aber perfekt muss keiner sein. "Man kann schon sehr gut erkennen, ob sich jemand bewegen kann", sagt Ennen beruhigend. Das Wichtigste aber ist und bleibt - die Singstimme.

(hbm)
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