Fackelzug beim Schützenfest in Neuss Jim Knopf, Lukas und der Vesuv von Neuss erleuchten die Stadt

Neuss · Fast 100 Groß-Fackeln brachten die Neusser Schützen am Samstagabend an den Start – umjubelt und beklatscht von zehntausenden Besuchern.

Fast 100 Groß-Fackeln brachten die Neusser Schützen am Samstagabend an den Start — umjubelt und beklatscht von zehntausenden Besuchern.

Wäre dies eine Zeitung, die auf große Buchstaben in den Überschriften setzt, wäre der Titel gesetzt: "Irre! Neusser Fackelbauer stoppen Dauerregen auf die Sekunde genau zum Fackelzug." Und in der Tat: Es war ein Krimi, ein Auf und Ab der Emotionen, ein Bangen und Hoffen, das an den Nerven zerrte. Bei den Böllerschüssen zur Eröffnung des Neusser Bürger-Schützenfestes wischten sich alle noch den Schweiß von der Stirn, ab dem Nachmittag dann regnete es in Strömen, dass bereits das böse Gerücht von einer möglichen Absage des Fackelzuges die Runde machte.

Doch dafür hatten die Macher der 97 Fackeln im Regiment nicht Wochen, wenn nicht Monate,an Arbeit investiert. Geschützt durch viele hundert Quadratmeter Plastikfolie schoben die Schützen ihre Meisterwerke auf Holz, Draht, Pappmaché und Papier unverdrossen — und größtenteils nass bis auf die Knochen — an den Start.

Mühe und Mut zum Risiko wurden prompt belohnt: Punkt 20.45 Uhr schloss der Himmel seine Schleusen und es begann, was mancher angesichts ängstlicher Blicke auf Wetterradar und andere Smartphone-Apps schon nicht mehr zu hoffen wagte: ein bunter und fröhlicher Fackelzug der Extra-Klasse. Gemessen an den Motiven lieferten sich zwei bedeutende Personen der Zeitgeschichte ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Gunst der Schützen und der trotz des unsicheren Wetters zahlreichen Zuschauer am Straßenrand: Bürgermeister Herbert Napp alias "Vesuv von Neuss" und Lukas, der Lokomotivführer, stellvertretend für alle anderen Marionetten-Charaktere der 60 Jahre alten Augsburger Puppenkiste.

Wann immer eine Fackel, ausgestattet mit Nebelwerfer um die Ecke bog, gab es in der Regel nur zwei Alternativen: Entweder qualmte dort der Erste Bürger der Stadt — oder "Emma", Lukas‘ treue Lokomotive auf Lummerland. Beklatscht und bejubelt wurden beide gleichermaßen — völlig zu Recht, denn die Fackelbauer lieferten wieder einmal Glanzstücke in Serie ab. Ob "Lott Jonn", "Zunfttreue", "Me maake möt", "Immer treu", "Knüver" und "Nüsser Sprösslinge" bei den Grenadieren oder "Munteres Rehlein", "Rekelieser", "Erftjongens" und "Greenhorn" der Jäger — sie stehen stellvertretend für diese Themen und wurden dafür mit spontanem Applaus und Bravo-Rufen vom Straßenrand belohnt.

Nicht anders "Ewig Lust" ("Habemus Nappam — Rauch aus dem Rathaus") der Schützenlust oder die "Smokebusters" des Gildezugs "Donn et hoesch". Erschöpft war die Kreativität der Fackelbauer damit natürlich nicht. Neben vielen bunten Jubiläumswagen rollten vom runden Sesamstraßen-Geburtstag ("Treu zur Theke") über die Märchen der Gebrüder Grimm ("Nüsser Prachtkerle") bis zur fantasievollen und vom Publikum umjubelten Huldigung ans Königspaar ("Dem König seine Kutsche sein Elefant", "...sein Pferd", "...seine Kutsche", gebaut von "Mödköttel", "De Stoppetrecker" und Flaschenzug") Meisterstück um Meisterstück durch die Neusser City.

Auch die aktuelle Politik blieb nicht ausgespart. Beispiel e eins: die Eurorettung. Einen "Goldesel" für Griechenland und Co. zeigten die "Fetzigen Nüsser", während "De Läppkesspöler" mit der "Euro-Rettungswurst" ins Rennen gingen.

"Nur so" von der Schützenlust nahm den NSA-Abhör- und Bespitzelungsskandal ins Visier. In der ersten Reihe dabei: der Neusser Christoph Heusgen, Sicherheitspolitischer Berater von Kanzlerin Angela Merkel, ausstaffiert mit einem Satz überdimensionaler Papp-Kopfhören. Das Motto: "Yes, we scan!".

(anch)
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