Neuss Bunte Strickkleider für Sturmholz

Neuss · Seit Pfingststurm "Ela" in der Stadt gewütet hat, sammelt Renate Galka zerstörte Äste und macht sie mit ihrer Strickkunst zu Dekostücken.

 Um ihre Wollreste zu verwerten, hat Renate Galka begonnen, die Äste einzustricken. An diesem Exemplar hat sie drei Wochen gearbeitet.

Um ihre Wollreste zu verwerten, hat Renate Galka begonnen, die Äste einzustricken. An diesem Exemplar hat sie drei Wochen gearbeitet.

Foto: woi

Der Garten von Renate Galka ist auch im Winter bunt. Wenn die Bäume ihre Blätter verloren haben, die Blumen längst verblüht sind und das Gras seine strahlende Farbe verloren hat, leuchtet es in ihrem Garten immer noch. Denn weil Stricken ihr größtes Hobby und sie immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen ist, hat die 66-jährige Neusserin damit begonnen, Bäume und Geäst mit bunter Wolle einzustricken. Dafür nutzt sie jedoch nicht intaktes Grün, sondern Sturmholz von Bäumen, die Orkan "Ela" vergangenes Jahr zerstört hat.

"Es hat alles damit angefangen, dass meine Tochter mir verboten hat, weiter so viele Westen für meine Enkelkinder zu stricken", sagt Galka. Die pensionierte Lehrerin mit dem Hauptfach Textilgestaltung strickt nämlich fast immer und fast alles: Pullover, Taschen, Socken, Pantoffeln - und eben Westen. Aufhören mit dem Stricken kam für sie aber auf keinen Fall infrage. Und weil sie noch kistenweise Wollreste in ihrem Fundus zu Hause hatte, begann sie mit den Baumstrickereien. "Ich hatte schon vorher mal bei uns im Garten zu Dekorationszwecken ein wenig damit herumexperimentiert und auch ein ziemlich hässliches Abflussrohr auf unserer Terrasse eingestrickt", sagt sie. Als dann nach dem Pfingststurm so viel Geäst im Garten und im Genossenschaftspark hinter ihrem Haus gelegen habe, sei ihr die Idee gekommen, es mit bunten Strickpullovern aufzuwerten.

Für diese Arbeit braucht man aber bisweilen ganz schönes Fingerspitzengefühl, wie Galka erklärt. "Einen schnurgeraden Ast kann man natürlich ganz leicht einstricken. Ich stricke dann einen langen Schal und ziehe ihm den Ast dann über", sagt sie. Sei der Ast jedoch verbogen und habe noch weitere Verzweigungen, müsse sie Stück für Stück stricken und einzeln annähen. "Das ist schon recht aufwendig, ich muss ja auch immer wieder zwischendurch den Durchmesser anpassen", sagt Galka. Während das Kleid für einen geraden Ast insgesamt bloß zwei Abende Strickerei in Anspruch nehme, benötige es bei einem gebogenen Stück schon mal drei Wochen Arbeit.

Dabei ist Renate Galka durchaus routiniert. Nicht nur, dass sie jahrelang Textilgestaltung unterrichtet hat - sie strickt auch schon seit ihrer Kindheit. "Meine Großmutter war Gewandschneiderin, meine Mutter Schneiderin. Ich bin zwischen Stoffresten aufgewachsen", sagt sie. Mit zwölf Jahren hat sie ihren ersten eigenen Pullover gestrickt. "An den kann ich mich noch ganz genau erinnern: fliederfarben, rechts gestrickt."

Abgesehen von den Sommermonaten, in denen Galka ihre Tage meist im Garten verbringt, strickt sie inzwischen jeden Tag. Ihre Kreationen für das Sturmholz schmücken deshalb mittlerweile nicht mehr nur ihren Garten, sondern auch den von Freunden, Nachbarn und Verwandten. "Und ich habe noch genug Holz gebunkert", sagt Galka. Ihr eigentliches Ziel, alle Wollreste zu verwerten, hat sie allerdings bislang nicht erreicht. Denn bei ihren anderen Strick-Projekten produziert sie stetig neue Reste.

(NGZ)
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