Serie Psychologen Geben Rat Burnout: Was tun, wenn der Akku leer ist?

Neuss · Erschöpft, verbittert - und einfach ausgebrannt: So beschreiben Menschen, die am gleichnamigen Burnout-Syndrom leiden, ihren Gemütszustand. "Innerhalb der letzten Jahre ist die Zahl der Betroffenen stark gestiegen, auch, weil Burnout weitgehend stigmafrei ist", sagt Professor Ulrich Sprick, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Der Erschöpfung folgen beim Burnout oft körperliche und psychische Beschwerden wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit.

Der Erschöpfung folgen beim Burnout oft körperliche und psychische Beschwerden wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit.

Foto: dpa/ Augustinus-Kliniken

Viele stellen sich so unter der Bezeichnung Burnout ihren depressiven Symptomen, erklärt der Chefarzt am St. Alexius/St. Josef Krankenhaus. Dabei gilt Burnout laut Klassifikation psychischer Störungen nicht als eigenständige Krankheit, sondern lediglich als Vorstufe einer Depression.

"Ob tatsächlich eine Depression vorliegt, die potenziell lebensbedrohlich sein kann, gilt es durch intensive Gespräche herauszufinden", sagt Sprick. Etwa zehn Prozent aller Menschen in Deutschland entwickeln im Laufe ihres Lebens eine behandlungsbedürftige Depression.

Burnout hat viele mögliche Ursachen

Hohe Arbeitsbelastung, Schichtdienst, Zeitdruck, mangelnde Kommunikation und große Verantwortung bei gleichzeitig schlechter Bezahlung können Männer und Frauen in die Burnout-Schleife treiben. "Die Gratifikation spielt eine wichtige Rolle", erklärt Sprick. "Wer viel leistet, dafür jedoch wenig Anerkennung, auch finanzieller Art, bekommt, hält der Belastung oft nicht stand." Das Gefährliche am Burnout: Es entwickelt sich schleichend, und oft merken Betroffene erst nach Jahren, dass "nichts mehr geht".

 Professor Ulrich Sprick, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Professor Ulrich Sprick, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Foto: Augustinus-Kliniken

Zunächst zeigen sie vermehrten Einsatz, danach werden viele zynisch und lassen persönliche Beziehungen im Job gänzlich außen vor. Danach folgt die Erschöpfung und schließlich körperliche und psychische Beschwerden wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Rückenschmerzen oder Magen-Darm-Erkrankungen. Niemand sei wirklich immun gegen das Erschöpfungssyndrom, das auch durch ständige Erreichbarkeit und das Internet, das Prozesse im Job extrem beschleunigt, hervorgerufen wird.

Soziale Kontakte helfen gegen Stress

Gegen chronischen Stress helfen ein guter Draht zu Kollegen und soziale sowie berufliche Netzwerke. "Mit einer kritischen Situationsanalyse kann man sich zunächst selbst helfen", erklärt Sprick. "Das heißt beispielsweise: Zeitfresser im Job eliminieren, Kontakte pflegen, auf genügend Schlaf und gesunde Ernährung achten, Entspannungstechniken in den Alltag einbauen und Hobbys als Ausgleich betreiben." Wer unter Burnout-Symptomen leidet, sollte den Hausarzt aufsuchen, der zum Spezialisten überweist. "Frauen erkranken so häufig wie Männer, jedoch anders, und gehen eher zum Arzt, um sich helfen zu lassen", sagt Sprick. "Männer somatisieren, klagen also mehr über körperliche Beschwerden."

Ein zeitweiser Ausstieg aus dem Job oder eine berufliche Umorientierung sei kaum vermeidbar. Neben Psychotherapie helfen auch Ergo-, Kreativitäts- und Musiktherapie. Einen "Treffpunkt für Ausgebrannte" bietet das Neusser Burnout-Café des St. Alexius-/St. Josef-Krankenhauses in Kooperation mit der Initiative für gesundes Leistungsklima im Netzwerk Oberstraße. Für Betroffene, die anonym bleiben wollen, hat Sprick die Internetpsychotherapie ,,net-step''gegründet.

(NGZ)
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