Neuss Darmkrebs-Vorsorge: Der 1000. mutige Mann

Neuss · Lothar Bechstein hat an der Kampagne "1000 mutige Männer" teilgenommen. "Die Untersuchung war gar nicht schlimm", sagt er.

 Patient Lothar Bechstein (65) mit Professor Jens Encke vom Johanna-Etienne-Krankenhaus

Patient Lothar Bechstein (65) mit Professor Jens Encke vom Johanna-Etienne-Krankenhaus

Foto: Andreas Woitschützke

Die Entscheidung, sich vorsorglich einer Darmspiegelung zu unterziehen, hat Lothar Bechstein spontan getroffen. "Ich hatte von der Kampagne in der Zeitung gelesen und einen Termin vereinbart - obwohl ich eigentlich nie etwas habe", erzählt der 65-Jährige. Letzte Woche war es dann so weit. Die gute Nachricht: "Es ist alles in Ordnung."

Bechstein ist der 1000. Neusser, der sich an der Kampagne "1000 mutige Männer für Neuss" beteiligt hat. Seit Juni haben die beiden Neusser Krankenhäuser sowie die niedergelassenen Gastroenterologen - auf Magen und Darm spezialisierte Ärzte - die Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt. "Gemessen an der Einwohnerzahl hätte Neuss nur 600 Teilnehmer gebraucht. Wir haben jetzt aber über 1000", berichtet Professor Jens Encke, Chefarzt des Bereichs Innere Medizin am Johanna-Etienne-Krankenhaus. Acht Städte hätten sich bereits beteiligt. "Neuss ist bislang die erfolgreichste Stadt."

Die Kampagne hat einen ernsten Hintergrund: "Jeder Zweite, der an Krebs stirbt, hatte Darmkrebs", berichtet Encke. Dabei müsse es gar nicht so weit kommen. "Rechtzeitig erkannt, ist Darmkrebs vollständig heilbar." Frauen und Männer seien in etwa gleich betroffen. "Aber Männer gehen seltener zur Vorsorge." Und die Vorstellung, sich im Intimbereich untersuchen zu lassen, schrecke viele zusätzlich ab. Auch Lothar Bechstein hatte vorher leichte Bedenken. "Aber es war überhaupt nicht schlimm", berichtet der 65-Jährige. "Ich habe gar nichts davon gemerkt." Er habe nur einige Stunden vorher ein Abführmittel trinken müssen, um den Darm zu leeren.

Für die Behandlung werden die Patienten in einen kurzen Schlaf versetzt. "Sie erhalten eine Spritze und bekommen von der Koloskopie gar nichts mit", erklärt Jens Encke. 20 bis 30 Minuten dauere die Untersuchung. "Danach brauchen die Patienten noch etwas Zeit, um vollständig aufzuwachen." Die meisten lassen sich von einem Angehörigen abholen. Das war bei Lothar Bechstein nicht nötig. "Ich wohne in der Nähe", erzählt der Senior. "Ich bin erst einmal frühstücken gegangen und dann mit dem Taxi nach Hause gefahren."

Auch Professor Rainer Engers vom Zentrum für Pathologie, Zytologie und Molekularpathologie ist von der Kampagne begeistert. Etienne- und Lukaskrankenhaus sowie die niedergelassenen Ärzte hätten hervorragend zusammengearbeitet. "Und selbst die Firmen haben die Kampagne unterstützt und ihre Mitarbeiter zu den Vorsorgeuntersuchungen aufgerufen", sagt er.

Zahlen müssen Frauen und Männer ab 55 Jahre für die Untersuchung nichts. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Ausgewertet sind die Neusser Zahlen noch nicht. "Aber es ist zu erwarten, dass sie im bundesweiten Durchschnitt liegen", sagt Alexander Michalek, Bezirksgeschäftsführer der Krankenkasse Barmer GEK. Demnach wird bei einem Prozent der Untersuchten die Diagnose Darmkrebs festgestellt. Bei jedem Vierten finden die Ärzte Polypen, aus denen sich Krebs entwickeln kann. Sie werden bei der Koloskopie daher gleich entfernt.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort