Neuss Das Hungertuch von Reuschenberg

Neuss · In vielen Gemeinden wird das Hungertuch erst zur Karwoche aufgehängt, in St. Hubertus nicht. Dort hält man eine ganz besondere Arbeit in Ehren - und zeigt sie auch über das Osterfest hinaus.

Neuss: Das Hungertuch von Reuschenberg
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Auf der Orgelbühne der Reuschenberger St. Hubertus-Kirche ist wieder etwas mehr Platz. Die vier großen Holzrahmen, die dort das Jahr über verwahrt werden, haben gestern Horst Meisel, Theo Leuchtenberg, Hans-Theo Kramer und Ludwig Voß zu einem großen Ganzen zusammengefügt und in diesen Rahmen zwölf gestickte Tafeln gehängt. Sie erzählen die Leidensgeschichte Jesu und gehören zu dieser Kirche wie das Aschekreuz zum heutigen Aschermittwoch. Und weil die Gemeinde so stolz auf ihr Hungertuch ist, hängt sie die Stickerei immer schon zum Aschermittwoch auf und erst eine Woche nach Ostern ab.

Die Kinder, die heute um 8 Uhr zum Schulgottesdienst kommen, werden die ersten sein, die die Tafeln wiedersehen, die Kommunionkinder werden sich in der Karwoche mit ihnen beschäftigen. So war es immer, seit die Bildgeschichte 1980 zum ersten Mal komplett gezeigt werden konnte. Und so war es selbst in den Jahren, in denen die Gemeinde eines der Misereor-Hungertücher bekam, die von Künstlern aus Lateinamerika, Afrika oder Asien gestaltet werden.

"Wir waren eine junge Gemeinde, hatten gar nichts", erinnert sich Heinrich Icking (89), der bis vor kurzem eine Art Hilfsküster war und auch das Hungertuch aufzuhängen hatte. Eine Diskussion im Pfarrgemeinderat (PGR) stieß schließlich eine kunsthandwerkliche Gemeinschaftsarbeit an, bei der der Architekt Franz Berghoff (Planung) und Luise Werhahn (alleinige Ausführung) zusammenwirkten. Beide gehörten dem PGR lange selbst an. Entworfen wurden die Motive in den Jahren 1972 bis 1974, dann machte sich Luise Werhahn, die auch die Paramentengruppe der Gemeinde leitete, an die Ausarbeitung. Die ersten sechs Tafeln zeigte sie der Gemeinde 1979, komplett war das Werk im Jahr darauf. Verwahrt werden sie in der Sakristei, nachdem einmal ein Mottenbefall abgewehrt werden musste.

(-nau)
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