Neuss Dem Musikprogramm fehlt noch die Risikofreude

Neuss · Violinistin Isabelle van Keulen gab auch als Dirigentin ihr Debüt mit der Kammerakademie im Zeughaus.

 Als Violinistin ein beglückendes Erlebnis: Isabelle van Keulen.

Als Violinistin ein beglückendes Erlebnis: Isabelle van Keulen.

Foto: M. Borggreve

Die Abonnementreihe der Deutschen Kammerakademie Neuss am Rhein (DKN) entwickelt sich prächtig. Mehr als 90 Prozent der sechs Konzerte sind bereits gebucht. Gleich das erste Abonnementkonzert war ausverkauft. Da spielte ganz sicher auch Neugier eine Rolle, denn es war das erste Konzert unter der künstlerischen Leitung von Isabelle van Keulen, die als "Artist in Residence" für die beiden nächsten Jahre verpflichtet ist.

Unter dem Titel "Beethoven 1 + 1" war pure Klassik das erste Programm. Da fiel so manchem Skeptiker ein, dass in den zwölf Jahren unter Lavard Skou Larsen vor allem auch durch die innovative Mischung aus Tradition und spannenden Neuentdeckungen die DKN von einem guten Regionalorchester zu einem international gefragten Spitzenensemble geworden ist.

In einem spontanen Interview vor dem Neusser Zeughauspublikum fragte der Kölner Musikwissenschaftler Matthias Corvin, der auch die lebendigen Werkeinführungen nicht nur für Neusser Konzerte schreibt: "Ihre Programme beinhalten viel Klassik und Romantik. Wollen Sie das Neusser Publikum umgarnen?" Isabelle van Keulens Antwort: "In den nächsten Konzerten ist aber auch ein Stück von Witold Lutoslawski."

So richtig "himmlisch-revolutionär" wird es aber erst ab dem 4. Abokonzert. Nun ist die Professorin an der Musikhochschule Luzern aber auch eine der gefragtesten Violinsolistinnen ihrer Generation. So war es schon ein beglückendes Erlebnis, ihr bei Ludwig van Beethovens einzigem "Konzert für Violine und Orchester D-Dur" (op. 61) zu folgen.

Mit wenigen Arm- und Körperbewegungen leitete sie eine erfrischend aufspielende, auch in den Bläsern glasklar gestimmte DKN und bereitete sich durch Mitspiel einiger Orchestertakte auf ihren Solopart vor. Darin bevorzugte sie einen möglichst fülligen Klang und tarierte mit feiner Sensibilität die dynamischen Finessen aus. Am schönsten aber waren ihre Kadenzen, die sie für sich arrangiert hat. Witzig und spannend zugleich die im ersten Satz, in der sie mit den Paukenschlägen, mit denen der Satz eröffnet, dialogisiert.

Vom ersten Pult aus leitete Isabelle van Keulen Beethovens "Symphonie Nr. 1 C-Dur" (op. 21) - mit nur geringen Anweisungen für das nun um Trompeten ergänzte Orchester. Das kann man sich nur mit einem Spitzenensemble leisten und nach vermutlich intensiver Probenarbeit. Denn auch das markante Tempo im ohnehin voranstürmenden dritten Satz und im aufbrausenden Finale gelangen vollendet.

Die Probenarbeit mit van Keulen "ist aber nicht nur anstrengend, sondern macht auch sehr viel Spaß", verriet Konzertmeisterin Eva Stegeman.

(Nima)
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