Neuss Den Winter einfach im Kühlschrank verschlafen

Neuss · In ihrem natürlichen Lebensraum herrscht ein heißer Sommer und kühler Winter. In Neuss kümmert sich Reiner Hoppe darum, dass seine Leguane ihren natürlichen Rhythmus behalten.

 Während der Winterruhe schwindet das leuchtende Blau aus den Schuppen der Halsbandleguane. Dann erblassen sie zu einem unauffälligen Grau.

Während der Winterruhe schwindet das leuchtende Blau aus den Schuppen der Halsbandleguane. Dann erblassen sie zu einem unauffälligen Grau.

Foto: Hoppe

Den Winter einfach verschlafen und erst aufwachen, wenn es wieder warm und hell ist. Was sich wahrscheinlich viele Menschen wünschen, machen die Leguane von Reiner Hoppe jedes Jahr. Der Neusser hat sich vor neun Jahren auf den Terrarienbau spezialisiert und besitzt selbst sechs Goldkopf-Halsbandleguane. In wenigen Wochen muss er die Wüstentiere wieder wecken, dann haben sie drei Monate Winterruhe hinter sich.

In dieser Zeit haben sich die blauen Leguane, die vor allem aus Gegenden wie Utah, Arizona oder Mexiko stammen, wieder regeneriert. Nimmt man den Tieren diesen Schlaf, sagt Hoppe, sei das Tierquälerei und vergleichbar mit drei Wochen Schlafentzug beim Menschen. "Ihre Lebenserwartung von 15 Jahren wird bei einem Entzug der Winterruhe um ein Drittel gekürzt", sagt Hoppe. Doch in den Schlaf verfallen die Tiere nicht automatisch. Damit das passiert, müssen sich die äußeren Gegebenheiten ändern. Ab September werden die Leguane zwar träge und müde, doch wenn die Temperaturen nicht fallen, bleibt die Winterruhe aus.

An die kälteren Temperaturen führt Hoppe seine drei ausgewachsenen Tiere und ihren drei Babys langsam ran. Das fängt damit an, dass er die UV-Lampen in dem Wüstenterrarium ausschaltet. Dann versetzt Hoppe die Tiere nach draußen, wo es im November bereits um einiges kälter ist. Ein Phänomen, das vor allem in der freien Natur vorkommt, konnte auch Hoppe schon beobachten. Denn wenn sich Regen ankündigt, spüren die Echsen dies an der Veränderung des Luftdrucks. Da in den Felsspalten, in die sich die Tiere in Freiheit zurückziehen, eine Pfütze ansammeln kann, stellen sie ihre Beine auf und bauen so eine Brücke, unter der das Wasser hindurchfließt. Auch Hoppes Halsbandleguane haben im November draußen den Regen gespürt - und standen plötzlich einige Zentimeter vom Boden abgedrückt in ihren Boxen.

Bevor es für die Leguane dann in die eigentliche Umgebung ihrer Winterruhe geht, hört Hoppe für 14 Tage auf sie zu füttern und badet sie vorher. "Das ist notwendig, damit der Darm für die Winterruhe komplett leer und frei von Schadstoffen ist", erklärt er.

Dann geht es für drei Monate in ihren eigenen Kühlschrank im Keller. "Das war anfangs erstmal komisch, die Tiere tatsächlich in den Kühlschrank zu legen", erinnert sich Hoppe. Doch dort herrschen perfekte sieben Grad, die für die Tiere während der Winterzeit notwendig sind. Da Halsbandleguane als wechselwarme Tiere ihre Körpertemperatur nicht regulieren können, sind Minus-Grade für sie tödlich, sie würden einfach erfrieren.

Ihre eigentliche "Betriebstemperatur", wie Hoppe sie nennt, liegt erst bei 40 bis 50 Grad. Dann leuchten die Schuppen der Tiere wieder in einem intensiven Blau. Wie bei anderen Tierarten auch, sind die Farben der Männchen dabei noch kräftiger. Bei den kühlen Temperaturen hingegen verlieren sie ihre Farbe und bekommen unscheinbare graue Schuppen, die sie in der Natur vor Fressfeinden schützen.

"Dass die Tiere während der Ruhezeit keinen Gewichtsverlust erleiden, liegt daran, dass sie ihre Atmung auf drei bis vier Mal pro Stunde herunterfahren und damit so gut wie keine Energie verbrennen", erklärt Hoppe. Spätestens alle 14 Tage schaut er aber nach seinen Reptilien. In ihren Boxen eingerollt, ist ihre Atmung sehr flach. Dass die Tiere zwischendurch kurz aufwachen oder sich bewegen, sei typisch für die Winterruhe.

So wie die Leguane an die kalten Temperaturen gewöhnt wurden, müssen sie auch nach der Ruhezeit wieder an die Wärme herangeführt werden. Sind sie wieder vollkommen aktiv, beginnt für sie die Paarungszeit.

(NGZ)
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