Neuss Der Neusser Fundsachenbewahrer

Neuss · Beinahe täglich verlieren oder vergessen Fahrgäste in Bussen der Neusser Verkehrsbetriebe etwas. Die Fundsachen sammeln sich bei Dietmar Riedel in der Leitstelle an der Moselstraße. Dort können Eigentümer nach Vermisstem fragen.

 Im Herbst und Winter finden die Fahrer der Neusser Verkehrsbetriebe vermehrt Schals und einzelne Handschuhe in ihren Bussen. "Gute Schirme kommen oft gar nicht bei uns an, die wechseln vorher den Besitzer", sagt Dietmar Riedel.

Im Herbst und Winter finden die Fahrer der Neusser Verkehrsbetriebe vermehrt Schals und einzelne Handschuhe in ihren Bussen. "Gute Schirme kommen oft gar nicht bei uns an, die wechseln vorher den Besitzer", sagt Dietmar Riedel.

Foto: Woi

Jacken, Schirme und Brillen, in der kalten Jahreszeit vermehrt auch Schals oder einzelne Handschuhe, Bücher und ganze Schultaschen - die Liste der Dinge, die Fahrer der Neusser Verkehrsbetriebe in ihren Bussen finden, ist lang. "Wir hatten auch schon mal ein Gebiss", erzählt Dietmar Riedel, bei dem sich die Fundsachen im Normalfall ansammeln. Der 64-Jährige sitzt in der Leitstelle für Nahverkehr der Stadtwerke Neuss an der Moselstraße.

Dort überwacht er auf mehreren Bildschirmen die Bewegungen der Busse, nimmt Hinweise auf Unfälle oder Verkehrsbehinderungen entgegen, gibt neue Fahrscheinrollen raus oder schickt Weisungen an die Kollegen raus, wenn diese etwa zu früh gestartet sind. Und nimmt eben auch Fundsachen entgegen, die die Fahrer zwischendurch oder nach Dienstschluss in ihren Fahrzeugen gefunden haben und vorbei bringen. "Sogar ein Rollator war einmal darunter und ein Buggy - allerdings ohne Kind", sagt Riedel in gemütlichem Brummton.

In der überwiegenden Zahl der Fälle aber bleiben Sporttaschen im Bus zurück, wenn der Fahrgast bereits ausgestiegen ist - und den Verlust erst bemerkt, wenn der Bus bereis um die Ecke gefahren ist. Ein Grund zum Verzweifeln ist das aber noch nicht. Unter der Neusser Rufnummer 5310-320 ist die Leistelle zu erreichen - am Wochenende sogar rund um die Uhr. "Freitags und samstags fährt ja unser Nachtexpress", erklärt Dietmar Riedel, der seine letzten Arbeitstage bis zum Renteneintritt zählt. Nach 32 Jahren bei den Neusser Stadtwerken, davon 20 Jahre in der Leitstelle, hat er am 29. November seinen letzten Dienst. "Wir würden ihn gern noch ein paar Jahre behalten", sagt Kollege Norbert Müller, "denn er übernimmt gern den Frühdienst." Der beginnt bereits um 3.45 Uhr in der Frühe. Für Riedel offenbar kein Problem. Dass die tägliche Arbeit bald der Vergangenheit angehören wird, kommt dem zweifachen Großvater allerdings noch etwas unwirklich vor. "Ein bisschen komisch ist das schon", gesteht er.

Bei der Suche nach Verlorengegangenem helfen dem passionierten Motorradfahrer möglichst genaue Angaben. "Wenn jemand nur sagen kann, dass er zwischen sieben und halb acht mit einem Bus in die Stadt gefahren ist, wird es schwierig. Gerade um die Zeit sind sehr viele E-Busse im Einsatz", schildert Riedel die Problematik. Oft aber melden sich die Eigentümer gar nicht. Einmal in der Woche werden die Fundsachen von der Leitstelle in den Keller geräumt, wo sie noch rund sechs Monate aufbewahrt werden. Was noch brauchbar ist, wie Kleidung oder Turnschuhe, wird nach Ablauf dieser Zeit an die Caritas oder die Neusser Tafel weitergegeben.

Doch die Mitarbeiter der Stadtwerke warten nicht nur auf Verlustmeldungen - sie werden auch selbst aktiv. Wie im Falle einer Dame, die ein gut gefülltes Portemonnaie im Bus verloren hatte. Der Fahrer stellte die Geldbörse sicher, in der sich Hinweise auf die Identität der Eigentümerin fanden. Dietmar Riedel ermittelte die Telefonnummer und nahm Kontakt auf, bevor die glückliche Besitzerin überhaupt den Verlust ihrer Barschaft bemerkt hatte.

(NGZ)
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