Neuss Der Senior des Hauses Werhahn ist tot

Neuss · Hermann Josef Werhahn stellte sich gern als "gelernter Aufsichtsrat" vor. Bekannt wurde er, als er 1950 die jüngste Adenauer-Tochter Libet heiratete. Jetzt ist er im Alter von 93 Jahren gestorben. Donnerstag wird er beerdigt.

 Offener Blick, offener Gesichtsausdruck, offene Gedanken: Hermann Josef Werhahn gab sich mit schnellen Antworten nicht zufrieden.

Offener Blick, offener Gesichtsausdruck, offene Gedanken: Hermann Josef Werhahn gab sich mit schnellen Antworten nicht zufrieden.

Foto: A. Woitschützke

Es gibt Menschen, von denen man denkt, dass sie immer da sein werden. Weil sie in jeder Minute der Begegnung ganz bei sich sind und auf eine Weise reden, dass es unmöglich scheint, dass dieser Kopf aufhört zu denken, dieses Herz aufhört zu schlagen. Hermann Josef Werhahn war so ein Mensch. Aber er ist jetzt gestorben, mit 93 Jahren und bis zuletzt war er ganz im Hier und Jetzt verankert.

Dass der jüngste Sohn des Neusser Unternehmers Wilhelm Werhahn authentisch und offen auf andere Menschen zuging, mag auch mit seiner großen Verehrung für seinen Schwiegervater Konrad Adenauer und seiner Liebe zu dessen Tochter Libet zu tun gehabt haben. Vor 66 Jahren haben die beiden in Rhöndorf geheiratet. Von Adenauer habe er viel gelernt, hat er mal gesagt: "Sein Denken hat enorm großen Einfluss auf mich gehabt."

Von ihm hat er als junger Ehemann das Rollenbild übernommen, dass eine Frau keineswegs an den Herd gehört, sondern ein eigenes (auch politisches) Leben führen muss. Bei den Werhahns hieß das: Libet Werhahn-Adenauer begleitete ihren Vater als "First Lady" bei den Auslandsreisen, engagierte sich in der Neusser Kommunalpolitik, und Hermann Josef kommentierte das gern mit: "Jeder von uns hat seinen eigenen Beruf." Refugium und Heimathafen war dabei immer das Haus am Rhein, das die junge Familie vor mehr als fünf Jahrzehnten bezogen hat. Fünf Kinder sind dort groß geworden, die zusammen mit Partnern, 17 Enkel und acht Urenkel nun trauern.

Hermann Josef Werhahn wurde am 7. April 1923 als jüngster Sohn der Eheleute Wilhelm Werhahn und Magdalena, geborene Cremer, geboren. Nach dem Abitur am Quirinus-Gymnasium (1941) musste er schon bald zum Arbeitsdienst; anschließend die Wehrmacht. Der Soldat geriet in sowjetische Gefangenschaft, aus der er erst 1947 wieder heimkehrte. Er holte eine Banklehre nach, doch auf seine Ausbildung angesprochen, stellte er sich bis zuletzt gern augenzwinkernd als "gelernter Aufsichtsrat" vor. In wie vielen Kontrollgremien er letztlich Verantwortung trug, ist nicht bekannt. Es sollen mehrere Dutzend gewesen sein: Brauereien und Bergwerke, Banken und Maschinenfabriken, die Hoesch Stahlwerke und die Rheinland Versicherung. Wie sein Vater Wilhelm saß er auch in den Gremien der RWE. Gemeinsam mit Co-Autor Wolfgang Heintzeler veröffentlichte er 1983 sein Buch "Energie und Gewissen". Als Experte für Energiefragen, der bis in seine letzten Lebensjahre hinein ein gefragter Gesprächspartner auch für (Spitzen-)Politiker war, arbeitete er seit 1963 im Industriebeirat der Kernforschungsanlage Jülich mit. Er wurde nicht müde, für den von Rudolf Schulten konstruierten Kugelhaufenreaktor zu werben. Er kämpfte, um der sicheren Kernwärme Chancen zu eröffnen. Nicht zuletzt für sein Energie-Engagement erhielt Werhahn 1987 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Von 1989 bis 1988 war er Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein.

Seine natürlichen Verbündeten fand Werhahn bei der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU, deren Ehrenmitglied er in Neuss war. Jens Hartmann, Vize-Chef der MIT Niederrhein verbindet mit Hermann Josef Werhahn "die Überzeugung, dass es sich lohnt, für eine bessere Welt zu streiten".

(NGZ)
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