Neuss Der Sonne hinterher

Neuss · Christoph Glasmacher war Fahrer des Aachener Sonnenwagens, der bei der Solar World Challenge in Australien angetreten ist.

Neuss: Der Sonne hinterher
Foto: Christoph Glasmacher

Aufs Thermometer hat er gar nicht erst geschaut. Brüllend heiß war es in dem Rennwagen, den der Neusser Christoph Glasmacher als einer von vier Fahrern bei der World Solar Challenge durch Australien steuerte. "Für eine Klimaanlage war schlicht kein Platz", erzählt der 21 Jahre alte Maschinenbaustudent der RWTH Aachen: "Aerodynamik, Effizienz und ein geringes Fahrzeuggewicht gingen vor."

Sieben Tage und 3022 Kilometer lang düste das Zukunftsauto quer durch den australischen Outback. Gebaut haben es Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen, die zwei Jahre lang daran tüftelten, Innovationen aus Leichtbau, Solarenergie und Fahrstrategie für den Sonnenwagen zu nutzen. Beim Rennen ging es im Ein-Mann-Cockpit den Stewart Highway entlang, vom tropischen Klima Darwins im Norden bis ins kühlere Adelaide an der Südküste.

Die weniger als 200 Kilogramm wiegende Leichtbaukonstruktion fuhr durchschnittlich 60 km/h, angetrieben über 260 Solarzellen mit einer Motorleistung von etwas mehr als einem Kilowatt - das entspricht der Leistung eines Föhns. Für Glasmacher war das alles ein großes Abenteuer. "Das ist wirklich schwer in Worte zu fassen. Ich habe vorher noch nichts Vergleichbares erlebt", sagt der ehemalige Schüler des Quirinus- Gymnasiums.

Begonnen hat alles in einer Lerngruppe des Studenten Hendrik Löbberding. Die Idee, am härtesten emissionsfreien Fahrzeugrennen der Welt teilzunehmen, reifte bis zur Gründung eines eigenen Vereins im November 2015. "Am Ende waren wir 38 Studenten von RWTH und Fachhochschule, die ihre Freizeit für das Projekt aufbrachten und Seminare und Prüfungen nebenbei erledigten", erzählt Glasmacher. Seit 2016 war er Teil des Teams, das sich mit der Aerodynamik und dem Bau der Außenhülle beschäftigte.

Neben dem Fahrzeugbau kümmerten sich die Studenten auch um die Bereiche Logistik, Marketing und Sponsoring. Während viele der 42 Teilnehmerteams aus der ganzen Welt über Erfahrungen im Rennen verfügten, war das Projekt für die Aachener eine reine Fahrt ins Blaue. "Es war total aufregend, nach zwei Jahren wirklich harter Arbeit zusammen auf der Startposition zu stehen", sagt Glasmacher.

In der Qualifizierungsrunde hatte es der Sonnenwagen in die schwierigste Klasse geschafft. Das Team startete mit einem Konvoi aus Fahrzeugen - für Supportteam, Mechaniker, Ausrüstung und Camp, dazu ein Filmteam und ein Arzt. "Die Stimmung im Team war hervorragend, obwohl wir alle sehr angespannt waren", sagt Glasmacher.

Aber es gab auch unvorhergesehene Schwierigkeiten. Laut Glasmacher herrschte das schlechteste Wetter, das es jemals bei einem Rennen der World Solar Challenge gab - das stellte den mit Sonnenenergie betriebenen Rennwagen vor Probleme. "Um vorgegebene Kontrollstops in bestimmter Zeit zu passieren, zählte jede Minute. Das schlechte Wetter hat eine geringe Batterieleistung verursacht", sagt Glasmacher: "Und ein paar technische Pannen haben Startschwierigkeiten ausgelöst."

Dennoch haben die Studenten bewiesen, was man mit nachhaltigen Mobilitätskonzepten und erneuerbarer Energie erreichen kann. Christoph Glasmacher ist neugierig auf mehr: "Ich habe durch das Projekt vieles gelernt, was in meinem Studium zu kurz kommt. Den Bereich Elektromobilität will ich jetzt vertiefen." Lea Hensen

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort