Neuss Die Frauen auf die große Bühne holen

Neuss · Nicht nur zum Internationalen Frauentag haben die Frauen am RLT das Sagen. Das rein weiblich zusammengesetzte künstlerische Leitungsteam setzt auch in der Schauspiel-Regie ganz bewusst auf Frauen und engagiert sie verstärkt.

 Intendantin Bettina Jahnke, Chefdramaturgin Babarba Noth und die Leiterin der Presse- und Marketingabteilung, Christiane Schmücker (v.r.) verstehen sich als Leitungsteam, das gemeinsam lachen wie streiten kann.

Intendantin Bettina Jahnke, Chefdramaturgin Babarba Noth und die Leiterin der Presse- und Marketingabteilung, Christiane Schmücker (v.r.) verstehen sich als Leitungsteam, das gemeinsam lachen wie streiten kann.

Foto: Lothar Berns

Als Bettina Jahnke vor fünf Spielzeiten die Intendanz des Rheinischen Landestheaters übernahm, wusste sie nur eines: Sie wird die künstlerische Leitung haben, ein Mann (Dirk Gondesen) die geschäftliche. Dass in der Folge das künstlerische Team mit Chefdramaturgin Barbara Noth und Christiane Schmücker als Chefin der Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit ausschließlich um Frauen erweitert wurde, sei Zufall gewesen, sagt Jahnke. Kein Zufall hingegen ist, dass sie sich die Drei die Förderung von Frauen im Regiefach auf die Fahne geschrieben haben.

Frauentag hin oder her — im Bereich Regie gibt es für Frauen wie in vielen anderen noch Nachholbedarf. "Wir unterstützen gerne den weiblichen Regie-Nachwuchs, denn an Theatern kauft man sich sonst gerne die aufstrebenden jungen Männer ein", sagt Barbara Noth. Natürlich achte man auf Qualität, "aber es ist immer noch so, dass Frauen Studio-Stücke machen dürfen und Männer auf der großen Bühne den Shakespeare. Und das ist nicht richtig." Das RLT dreht die Verhältnisse um, und so wird auch die nächste Studio-Premiere ("Spieltrieb") von einem Mann eingerichtet, die auf der großen Bühne ("Das Spiel ist aus") von einer Frau.

Neben Jahnke, Noth und Schmücker stehen noch zwei andere Frauen für die Kunst am RLT: Dramaturgin Alexandra Engelmann und Theaterpädagogin Stefanie Schnitzler. Und das ist auch nur Zufall? "Ja", sagt Jahnke ganz entschieden, "wir haben nicht explizit nach Frauen gesucht, sondern nach Menschen, die zu uns passen. Und komischerweise blieben zum Schluss nur Frauen übrig." Aber gewundert habe es sie schon, sagen Jahnke und Noth. Auch wenn die Dramaturgin weiß: "Theaterpädagogik und Dramaturgie sind heute eher Frauenberufe." Christiane Schmücker hingegen verantwortet mit Marketing und Presse eher eine Männerdomäne: "Zumindest in der Wirtschaft ist das so. Nur am Theater nicht."

Für die drei Frauen, die alle an anderen Theatern auch unter männlichen Chefs gearbeitet haben, ist vor allem eines wichtig: die Arbeit in einem Team, das auch mal lauthals streiten kann. "Ich bin kein Chefarbeiter und brauche auch den Widerstand", betont Jahnke. Sie führt das ebenfalls auf ihre Erfahrungen als Regisseurin an anderen Häusern zurück, wo der "Patriarch ganz oben steht und allein sagt, wo es langgeht". Da könne Kreativität nicht gedeihen. Ihr Ziel sei es immer gewesen, als Chefin "mit flachen Hierarchien zu arbeiten". Dafür brauche sie Menschen, die das auch können, sagt sie: "Es nützt nichts, wenn ich das allein kann." Und selbst, wenn sie und Noth diese Fähigkeit nicht einzig Frauen zuschreiben, sondern sie als allgemein-weibliche Eigenschaft sehen, die auch ein Mann haben kann, stellen beide fest, dass Frauen eher in der Lage sind, in einem Leitungsteam auf Augenhöhe zu arbeiten. Und so bestätigt Christiane Schmücker, dass die Teamarbeit mit Jahnke und Noth anders ist als alles, das sie bisher an Theatern erlebt hat: "In der Regel gibt es Leitungsteamrunden, in denen der Chef sagt, was gemacht wird." Da habe es keine Gespräche auf Augenhöhe gegeben. Keine der Drei bestreitet aber den Sinn von männlichem und weiblichem Element in einem Team: "Man braucht beides — das Weiche und das Harte, muss das aber nicht auf Frau und Mann festlegen."

Aber Barbara Noth weiß auch aus ihrer Erfahrung an anderen Häusern, dass Männer in Chefpositionen "anfälliger für Eitelkeiten, für Statussymbole" seien. Effizient und strukturiert arbeiten und dabei auch noch viel Spaß haben — das seien für sie zudem wichtige Merkmale der Zusammenarbeit: "Und bei uns schallt das Lachen oft über den ganzen Flur." Das klingt doch ganz danach, als ob man bei Neubesetzungen im RLT-Leitungsteam künftig auch auf Frauen setzen wird? Nein, kommt es da kategorisch von Jahnke zurück. Das Geschlecht sei kein Kriterium, sondern "die Persönlichkeit, die was zu sagen hat".

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort