Neuss Die letzten Filmvorführer

Neuss · Klassische analoge Projektoren weichen in Neusser Kinosälen der modernen Filmtechnik. Die Zuschauer freuen sich über Filme in 3D mit scharfen Bildern. Doch der Fortschritt hat Schattenseiten: Arbeitsstellen fallen weg.

 Naim Choho und Onur Gedek arbeiten im Neusser UCI-Kino als Filmvorführer. Ihre berufliche Zukunft ist unsicher.

Naim Choho und Onur Gedek arbeiten im Neusser UCI-Kino als Filmvorführer. Ihre berufliche Zukunft ist unsicher.

Foto: woi

Naim Choho nimmt den Anfang des Filmbandes von der riesigen Spule. Er legt den Streifen über mehrere kleine Rollen – nach oben, waagerecht, nach unten. Dann führt er den Film am Projektor vorbei. Für die Kinofreunde in ihren Sesseln beginnt nun der Filmspaß, die projizierten Bilder erwecken die Leinwand zum Leben.

Die Projektoren laufen auch, wenn keine Vorführungen sind, etwa wenn die Filme kontrolliert oder zurückgespult werden. Seit zwölf Jahren ist Naim Choho hauptberuflich damit beschäftigt, dass der Kinospass für die Zuschauer reibungslos abläuft. Doch die Projektoren, für die er zuständig ist, sind Auslaufmodelle: Das Neusser UCI wird sie bald ersetzen, mit digitaler Technik. Drei digitale Projektoren hat das Kino schon, alle sind 3D-fähig. "Die Bilder sind klarer und schärfer", sagt Choho, der von seinem Arbeitsraum aus auf die Kinosäle blickt den direkten Vergleich zieht zwischen digitalen und analogen Filmen. Von der neuen Technik ist er überzeugt: "Keine Risse mehr im Film, kein Knistern, kein Rauschen", so beschreibt er die Vorteile. Dabei wird ihm die neue Technik auf lange Sicht den Job kosten. Denn digitales Kino lässt sich mit ein paar Handgriffen bedienen, gesteuert durch einen PC. Ganz anders ist das bei den alten Geräten: Die Filme muss Choho per Hand einlegen, und auch die Wartung der Maschinen, der Ton und das Licht, gehören zu den Aufgaben des Filmvorführers.

Auch die Reklameeinspieler klebt Choho per Hand, ein zeitaufwendiges Unterfangen, denn für jeden Film sind unterschiedliche Werbeblöcke gebucht. Sehr sorgfältig muss der 36-Jährige arbeiten, damit die Firmenkunden zufrieden sind. Hauptaugenmerk liegt aber auf den Zuschauern: Damit die ihr Kinovergnügen unbeschwert genießen können, ist immer ein Filmvorführer im Einsatz, um die Projektoren zu überwachen. Zwei Vollzeitkräfte beschäftigt das UCI Neuss dafür, dazu kommen zwei Springer für die Wochenenden.

Ob diese Mitarbeiter noch gebraucht werden, wenn das Kino komplett auf digitale Technik umstellt, ist fraglich. Denn der Arbeitsaufwand ist viel geringer: Mit Filmrollen müssen Choho und seine Kollegen nicht mehr arbeiten. Der Kinofilm wird auf einer Festplatte geliefert, die Werbung kommt per USB-Stick. Beides muss nur noch in den Computer geschoben werden. Und ein paar Mausklicks später läuft der Film schon über die Leinwand.

Bald wird sogar das Einlegen des Films entfallen, dann werden die Daten per Satellit gesendet. Naim Choho, der sich im UCI Kino von der Servicekraft zum Projektionisten hocharbeitete, ist bereits auf der Suche nach einem neuen Job. Weil er in dem Neusser Kino auch für die Haustechnik zuständig ist, will er daran anknüpfen. "Denn mein Beruf stirbt aus", sagt der Vater dreier Kinder.

(NGZ)
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