Neuss Die listige Rache der Windsor-Frauen

Neuss · Mit der Komödie "Die lustigen Weiber von Windsor" beschert die Theaterachse Salzburg dem Shakespeare-Festival einen amüsanten Abend.

Neuss: Die listige Rache der Windsor-Frauen
Foto: Christoph Krey

Es dauert ein bisschen, bis Schwung auf die Bühne kommt. Die ist kahl wie selten - ein Paravent und ein Klavier sind zu sehen -, und der erste Auftritt von zwei Frauen, die offensichtlich identische Liebesbriefe erhalten haben, einen Rachefeldzug schmieden und dann auch noch anfangen zu singen, lässt rätseln: Sind wir im Sprechtheater oder doch eher in einer Operette?

Genau genommen liefert Regisseur Mathias Schuh mit seiner Inszenierung der Shakespeare-Komödie "Die lustigen Weiber von Windsor" beides ab: Theaterstück und Singspiel. Schließlich hat auch Giuseppe Verdi das Potenzial der Komödie erkannt und eine Oper daraus geschmiedet. Schuh hat jedenfalls beide Versionen genommen und daraus ein Stück für die Theaterachse Salzburg zurechtgeschnitten, das die wichtigsten neun Rollen (von insgesamt 20) auf fünf Darsteller verteilt und diesen Gesangsparts zuweist, die zudem live am Klavier (Sophia Schuh) begleitet werden.

Bei den Rollenwechsel rumpelt es zwar manches Mal, weil vorn auf der Bühne irgendwie im Sinne des Wortes überspielt werden muss, was hinten Zeit braucht. Aber die Schauspieler kommen auf Touren, die Lektion für den Schwerenöter Falstaff wird zielsicher ins Burleske gedreht. Wie der dicke Frauenheld entlarvt wird, hat hohen Unterhaltungswert. Viel Bühnenbild braucht es dafür tatsächlich nicht. Mal ein Tisch, zwei Hocker und ein Kerzenstandleuchter - das reicht, um deutlich zu machen, dass der Schauplatz gerade gewechselt hat.

Die Inszenierung ist ganz und gar auf die Schauspieler fixiert, die Rafaela Wenzel in schlichte, aber schicke und nur ganz leicht historisierende Kostüme gepackt hat. Das passt, denn Schuh hat die Geschichte in ein unbestimmtes Heute versetzt, in dem die gut situierten Bürgersfrauen namens Reich und Fluth sich mit der Sekretärin Quirlig zusammentun, um Falstaff eins auszuwischen.

Der hält sich für den Frauenhelden schlechthin, will zudem bei Frau Fluth den Boden für Herrn Bach bereiten, der ihm dafür ein gutes Honorar zahlt. Herr Bach ist aber kein anderer als der fürchterlich eifersüchtige Herr Fluth, der seine Frau mit diesem Deal nur auf die Probe stellen will. Er wird ebenso an der Nase herumgeführt wie Falstaff. Auf eine sehr amüsante Weise, denn Schuh und sein Ensemble gehen mit dem Text sehr frei um, räubern schon mal bei Goethe und flechten Bezüge zur aktuellen Lage ein. Das alles hat ordentlich Tempo, wird von den Schauspielern Anna Paumgartner (Frau Reich, Anna), Elisabeth Nelhiebel (Fenton, Frau Quirlig, Wirt), Claudia Schächl (Frau Fluth), Sebastian Brummer (Falstaff, Dr. Cajus), Andreas Jähnert (Herr Reich, Slender) und Peter Malzer (Herr Fluth) spritzig und mit großem Elan umgesetzt.

So entsteht ein Singspiel in bester österreichischer Tradition, nur ein bisschen derber und lauter und dadurch wieder Shakespeare-angemessen. Die poetische Komponente - auch sprachlich - bringt die Liebesgeschichte von Reich-Tochter Anna hinein, die verheiratet werden soll, aber ihre Eltern austrickst und den bekommt, den sie liebt. Da dieser Strang in dieser Inszenierung jedoch eher wie ein Appendix, weniger wie zum Stück zugehörig wirkt, wäre er sogar verzichtbar.

Ansonsten aber lässt Mathias Schuh sich nette Bilder einfallen, um die eine oder andere Situation komisch zu überspitzen. Annas Möchtegern-Ehemänner sehen in der finalen Szene in ihren Jumpsuits aus wie Wiedergänger der Teletubbies; bei der großen Versöhnung des Ehepaars Fluth spielt eine Kartoffel eine große Rolle. Wer hätte gedacht, dass die Knolle eine erotische Ausstrahlung haben könnte ...

(NGZ)
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