Neuss Die Niederlande - Die Wahl - Die Folgen

Neuss · Von Neuss sind es nur rund 60 Kilometer bis zur niederländischen Grenze. Im Zeitalter der Globalisierung ist das ein Katzensprung. Aber es gibt noch einen anderen Grund, weshalb die Wirtschaft in der Region die Entwicklung im Nachbarland genau verfolgt, und der hat nichts allein mit geografischer Nähe zu tun.

Im vergangenen Jahr exportierte die nordrhein-westfälische Wirtschaft Waren im Wert von mehr als 18,6 Milliarden Euro ins Nachbarland. Das ist ein Plus von 2,3 Prozent gegenüber 2015. Hauptausfuhrgüter im vergangenen Jahr waren chemische Erzeugnisse (3,2 Milliarden Euro). Auch bei den Importen führten die Niederlande im vergangenen Jahr die Rangliste der wichtigsten Lieferländer für NRW an. Offene Grenzen und eine pro-europäische Stimmung sind da wichtig. Kein Wunder also, dass die Erleichterung über das Wahlergebnis im Nachbarland bei der hiesigen Wirtschaft spürbar ist. "Es ist ein gutes Ergebnis", betont Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein.

Die Niederlage für den Rechtspopulisten Geert Wilders, zu dessen Forderungen unter anderem der EU-Austritt ("Nexit") zählte, ist schließlich ein Signal gegen Protektionismus und Abschottung. Und das Votum kann als Bekenntnis zu den vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes - freier Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital - gelesen werden. "Davon profitiert unsere Region unmittelbar", betont Steinmetz.

Das Nachbarland gilt als verlässlicher Partner. 750 Unternehmen aus den Niederlanden sind im Bezirk der IHK Mittlerer Niederrhein ansässig. Das schafft Jobs - und gilt in beide Richtungen der offenen Grenze. Mit keinem anderen Land sind die grenzüberschreitenden Kontakte der Wirtschaft am Niederrhein schließlich so ausgeprägt wie mit den Niederlanden. 51 Prozent der auslandsaktiven Betriebe exportieren Güter dorthin, bei den auslandsaktiven Industrieunternehmen sind es sogar 63 Prozent.

Die Niederländer haben jedoch lediglich den Auftakt ins Wahljahr begangen. Es folgt die Präsidentschaftswahl in Frankreich, auch da wackelt Europa. Marine Le Pen, die Kandidatin des rechtsextremen Front National (FN), will - ähnlich wie Wilders - ebenfalls den EU-Austritt ihres Landes forcieren ("Frexit"). Und die Briten haben bekanntlich für den Brexit votiert. Auch das trifft die Wirtschaft in der Region. Laut der von IT.NRW vorgelegten Zahlen folgen Frankreich (15,2 Milliarden Euro) und Großbritannien (13,2 Milliarden Euro) bei den wichtigsten Abnehmerländern der NRW-Wirtschaft auf Rang zwei und drei. Beim Import landet Frankreich (13 Milliarden Euro) immerhin auf Platz drei, Großbritannien liegt auf dem sechsten Rang. Dazu kommt die noch immer unklare Linie der neuen US-Regierung. "Wer den freien Handel von Waren und Personen erschwert, schränkt die wirtschaftliche Entwicklung ein", warnt Steinmetz.

2017 hält noch viele Herausforderungen bereit - auch wenn über das Wahlergebnis aus den Niederlanden Erleichterung herrscht.

Andreas Buchbauer

(NGZ)
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