Neuss Die Reformation ist Teil des Alltags

Neuss · Heute ist Reformationstag. Für die rund 30.000 evangelischen Christen in Neuss wird ein gemeinsamer Gottesdienst in Reuschenberg angeboten. An den Reformator erinnern Martin-Luther-Haus und eine evangelische Grundschule.

 Rektorin Susanne Huptasch brachte den Kindern der Martin-Luther-Schule gestern die so genannte Lutherrose, die sonst ihr Büro ziert, mit in den Religionsunterricht.

Rektorin Susanne Huptasch brachte den Kindern der Martin-Luther-Schule gestern die so genannte Lutherrose, die sonst ihr Büro ziert, mit in den Religionsunterricht.

Foto: dpa, Andreas Woitschützke

Morgen ist es genau 498 Jahre her, dass Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt hat. Der Augustinermönch und Theologieprofessor aus Eisleben (Sachsen-Anhalt) löste damit die Reformation aus, die zur Bildung protestantischer Konfessionen führte. Noch heute feiern Protestanten den 31. Oktober als Geburtstag ihrer Glaubensrichtung - auch in Neuss.

Ab 18 Uhr gibt es in der Erlöserkirche im Stadtteil Reuschenberg einen großen Gottesdienst aller evangelischen Gemeinden in Neuss. "Wir begehen den Reformationstag traditionell gemeinsam", erklärt Sebastian Appelfeller, Vorsitzender des Verbandes der evangelischen Kirchengemeinden in der Stadt Neuss.

Für ihn bedeutet der Reformationstag aber nicht nur die Besinnung auf die Anfänge der evangelischen Kirche. Vielmehr sei es wichtig, den Kern des Reformationsgedankens zu verinnerlichen. "Martin Luther wollte nicht spalten. Es ging ihm um ein vernünftiges Miteinander", so Appelfeller.

In diesem Sinne halten die Protestanten in Neuss die Erinnerung an den Reformator aufrecht. So wie im Martin-Luther-Haus an der Drususallee und der benachbarten Martin-Luther-Schule. Mit integrativer und Eine-Welt-Arbeit wird dort die Öffnung zur Welt gelebt. "Gott liebt die Menschen nicht wegen ihrer Taten, sondern um ihrer selbst Willen. Dieser Gedanke Martin Luthers ist Grundlage der evangelischen Kirche und unsere Arbeit", sagt der Pfarrer der evangelischen Christuskirchengemeinde und Leiter des Martin-Luther-Hauses, Franz Dohmes.

An den namensgebenden Reformator erinnern im Martin Luther-Haus eine rote Skulptur des Künstlers Ottmar Hörl und die Luther-Rose im Eingangsbereich. Das Wappen des Reformators schmückt auch die Schule an der Sternstraße. "Beides regt immer wieder zu Fragen und Diskussionen an. So bleibt Martin Luther lebendig. Gerade habe ich noch mit den Konfirmanden darüber gesprochen", so Pfarrer Dohmes.

Er selbst ist vor allem von Luthers Mut und seiner Standhaftigkeit beeindruckt. "Er hat seinen Glauben gelebt und Gott vertraut", so Dohmes. Die Ausrichtung der Kirche allein an der Heiligen Schrift gefällt ihm besonders. Wegweisend sei der Grundsatz der Reformation. "Kirche muss sich entwickeln, sich immer wieder hinterfragen und überprüfen, wie sie heute bei den Menschen ist", erklärt er.

Bei den Menschen zu sein und Gemeinsamkeit zu leben sind auch zentrale Inhalte der für 2017 geplanten Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Reformation in Neuss. "Wir planen zum Beispiel einen ökumenischen Empfang zum Neuen Jahr und ein Stadtkirchenfest im Juni", sagt der Vorsitzende, Sebastian Appelfeller.

Neben Vorträgen und einem Pilgerweg durch den Kirchenkreis stellt er für den Zeitraum zwischen dem 31. Oktober 2016 und dem Reformationstag 2017 Aktionen mit dem Clemens-Sels-Museum und der Stadtbücherei in Aussicht. "Die Martin-Luther-Schule wird darüber hinaus eine Projektwoche organisieren. Dabei wollen sich die Grundschüler mit Fragestellungen zu Umgestaltung und Neuanfang beschäftigen oder ihre eigenen Thesen zum Thema Kirche entwickeln", so Appelfeller.

Den Reformationstag 2017 werden die vier evangelischen Kirchengemeinden mit einem großen Fest gemeinsam begehen. Ihre Geschichte ist übrigens - verglichen mit der 2000-jährigen Stadt-Historie - relativ jung. Sie begann 1806 mit der Übereignung der Kirche des Klosters Marienberg an die evangelische Gemeinde. Hundert Jahre später wurde die Christuskirche an der Breite Straße gebaut. Durch die Ansiedlung vieler Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Protestanten stark an. Lebten im Jahr 1939 noch 5783 evangelische Christen in Neuss, waren es 1961 schon 35.000. Drei Jahre später wurden die eine evangelische Gemeinde der Stadt Neuss in vier aufgeteilt.

(NGZ)
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