Neuss Die Sucht nach dem Glücksspiel befällt mehr Männer als Frauen

Neuss · Die Jagd nach dem vermeintlichen Glück macht den Kick aus und die Versuchung ist groß: In Kneipen, Imbissstuben, Spielhallen oder Teestuben hängen Spielautomaten, die Glück in Form von maximalen Gewinnen versprechen. Doch das Spiel ums Geld ist für manche existenzvernichtend. "Allein in NRW haben wir rund 50.000 Glücksspielsüchtige", sagt Verena Verhoeven, Leiterin der Fachstelle Glücksspielsucht beim Caritasverband Rhein-Kreis Neuss. "Und die Dunkelziffer ist weit höher."

 Verena Verhoeven ist Leiterin der Fachstelle Glücksspielsucht beim Caritasverband Rhein-Kreis Neuss.

Verena Verhoeven ist Leiterin der Fachstelle Glücksspielsucht beim Caritasverband Rhein-Kreis Neuss.

Foto: Andreas Woitschützke

Sie und ihre fünf Mitarbeiter wissen, zu welchem Elend die Glücksspielsucht führen kann. "Nicht selten sterben Abhängige einen sozialen Tod", berichtet Verhoeven. "Job, Frau, Wohnung weg - dann stehen sie mit dem Rücken zur Wand." Sie - das sind zu 70 Prozent Männer. "Um die 30, 40 Jahre alt, meistens berufstätig und leistungsorientiert. So sieht der durchschnittliche Spielsüchtige aus", beschreibt Verhoeven. Ihre Sucht leben sie größtenteils an Automaten aus, weniger an Poker- oder Roulettetischen. Durch das zunehmende Angebot der Sportwetten und Online-Glücksspiele steige hier zudem die Zahl der Abhängigen. Weil auch immer mehr Migranten glücksspielabhängig sind, bietet die Fachstelle auf ihrer Internet-Präsenz mittlerweile sogar Informationsflyer in acht verschiedenen Sprachen an.

Die Wahrnehmung, dass sich hinter dem Spiel ums Glück eine krankhafte Sucht verbirgt, erfolge oft sehr spät, sagt die Sozialpädagogin und Suchttherapeutin Cäcilia Arenz-Bessel. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Wolfgang Sterkenburg berät sie Suchtabhängige und deren Angehörige. Allein im vergangenen Jahr kamen 216 Suchtabhängige zur Beratung. Geld sei ein Symbol für Erfolg. Zudem schaffe das Spiel eine Distanz vom Alltag. "Denn die Spieler sind extrem fokussiert." Die Mischung aus Rausch und Abschalten-können verbunden mit der neuronalen Vernetzungsstruktur und der Dopamin-Ausschüttung im Hirn mache den Kick aus, erläutert Verhoeven. Betroffene, die dann bei der Caritas Hilfe suchen, erhalten zunächst nähere Informationen rund um Therapiemöglichkeiten und wichtige Institutionen. Denn die Fachstelle kooperiert mit Krankenhäusern, Ärzten, sozialen Einrichtungen, Schuldnerberatungsstellen, Spielerselbsthilfegruppen und überregionalen Fachkliniken, die Spielsüchtige auch stationär behandeln.

(bb)
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