Neuss Dietrich Wohlfahrt: Zum Tod eines überzeugten Liberalen

Neuss · Als die FDP im Herbst 1982 die sozialliberale Koalition mit der SPD aufkündigte und anschließend über ein konstruktives Misstrauensvotum Helmut Kohl (CDU) zum Bundeskanzler machte, war für ihn die Gemeinsamkeit mit seiner Partei aufgebraucht: Dietrich Wohlfahrt trat - wie viele seiner Weggefährten - aus der FDP aus, die unter Walter Scheel 1969 mit Willy Brand den ersten sozialdemokratischen Kanzler in der Bundesrepublik ermöglicht hatte. Mit dem Austritt endete im Grunde der kommunalpolitische Weg des Dietrich Wohlfahrt, obwohl er damals erst 47 Jahre alt war und sein Wort in Neuss gehört wurde. Er hatte bereits sieben Jahre für die FDP im Rat der Stadt Neuss gesessen. Jetzt ist er verstorben.

Heide Broll, die Ehrenvorsitzende der Neusser FDP, hat lange Jahre mit Dietrich Wohlfahrt zusammengearbeitet. Sie erinnert sich an einen "netten, freundlichen Mann", der aber vor allem ein überzeugter Liberaler war. Und konsequent war er. Als er mit der "Bonner Wende" seiner FDP im Herbst 1982 seine politische Heimat verloren hatte, verließ er nicht nur seine Partei, sondern er legte auch sein Ratsmandat nieder. Ebenso seine FDP-Mitstreiter Jean Breuer und Heike-Ute Marcus. Das Vorbild, dass dieses liberale Trio gab, ist heute längst aus der Mode gekommen: Parteien und Fraktionen werden aktuell vielfach gewechselt, aber das Mandat wird immer behalten und mitgenommen.

Dietrich Wohlfahrt, der mit seiner Familie in der Innenstadt wohnte und unter anderem für das amerikanische IT-Unternehmen IBM arbeitete, kämpfte zeitlebens für die bürgerlichen Grundrechte, trat für Demokratie und liberale Positionen ein. Versuche, mit Freunden eine neue Partei zu gründen, waren nicht erfolgreich. Er engagierte sich in freien Wählergruppen und kandidierte auf unabhängigen Wahllisten. Doch das kommunalpolitische Comeback blieb aus; vielleicht war es auch gar nicht sein Ziel.

(lue-)
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