Neuss Drehscheibe für die Industrie

Neuss · Der Traditionsbetrieb M. Zietzschmann im Neusser Hafen ist als Logistik- und Umschlagstandort wichtiger Dienstleister für Industriebetriebe in der Region.

 Günter Haberland ist Chef des traditionsreichen Neusser Logistikers M. Zietzschmann mit Sitz im Hafen.

Günter Haberland ist Chef des traditionsreichen Neusser Logistikers M. Zietzschmann mit Sitz im Hafen.

Foto: Andreas Woitschützke

Der Rost auf dem Stahl schimmert in der Sonne braunrot. Über mehrere tausend Quadratmeter liegen die tonnenschwere Stahlstäbe, warten auf ihre Verladung auf die Schiene oder aufs Schiff, auf ihre Fahrt zur Weiterverarbeitung. "Wir machen um jedes Bund Stahl ein rosa Schleifchen", sagt Günter Haberland und grinst dabei. Etwas flapsig umschreibt er, was auf dem Gelände seines Betriebes im Neusser Hafen passiert. Haberland ist Chef des traditionsreichen Logistikspezialisten M. Zietzschmann GmbH - und als solcher ein wichtiger Dienstleister für Betriebe in der Region und darüber hinaus. Eine Drehscheibe für die Industrie.

Neuss: Drehscheibe für die Industrie
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

"Logistik ist viel mehr als reines Hin- und Herschicken", sagt Haberland. "Wir betreiben logistische Wertschöpfung vor Ort. Große Mengen müssen sortiert werden nach Längen und Qualität, aufbereitet nach dem Wunsch des Kunden und vereinzelt werden. Da machen wir nichts anderes als Amazon." Der Stahl kommt per Schiff aus Ostasien, China, Iran und Ägypten und geht von Neuss aus weiter an Kunden in weiten Teilen Europas, aber auch zu Schmolz + Bickenbach in Neuss. Auf dem Zietzschmann-Areal am Hafen lagert aber auch der Zellstoff, aus dem SCA in Neuss Tempo-Taschentücher produziert. Der Rohstoff dafür kommt meist aus Südamerika und Skandinavien per Schiff. Rund 300 Tonnen verschiedene Sorten Zellstoff werden täglich per Lkw zu SCA gefahren. An der Heerdter Buschstraße betreibt das Unternehmen noch einen zweiten Standort, auf dem seit zwei Jahren eine neue, hochmoderne Lagerhalle mit verschiebbaren Aluminiumdächern in Betrieb ist. Dadurch können Güter direkt mithilfe eines Krans verladen werden - dort handelt es sich hauptsächlich um Düngemittel für die Landwirtschaft oder Mineralien. Ganz frisch hat Zietzschmann die Genehmigung auch für das Verladen von Abfällen - ein zunehmend wichtiger Rohstoff - erhalten. Das ist eine strategisch wichtige Entscheidung, weil vor allem die Tonnage von Kohle immer weiter zurückgeht.

Neuss: Drehscheibe für die Industrie
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Die Tonnage, die Zietzschmann in Neuss umschlägt, erreicht das Unternehmen vor allem per Schiff über den Rhein. Weiter verfrachtet werden die Güter dann vor allem per Lkw und zu einem kleineren Teil auch per Bahn - und das längst nicht immer über Neuss. Zietzschmann organisiert für seine Kunden komplexe logistische Lieferketten. "Unsere Aufgabe ist es, für den Kunden den günstigsten Weg, den besten Lagerstandort und das optimale Transportmittel zu finden. Wir suchen diese Lösung und setzen sie um", sagt Haberland.

Die Kunst ist: Der Kunde muss immer dann den Rohstoff zur Verfügung haben, wenn er ihn braucht. Produktions-Stillstände sind schließlich teuer. Alles funktioniert digital, auch wenn das Verladen von Stahlstäben mittels Kran funktioniert und das Anbringen von Stahlseilen noch Handarbeit ist.

Dafür hat Zietzschmann (Jahresumsatz bis zu zehn Millionen Euro) etwa 50 000 Quadratmeter Fläche an seinen beiden Neusser Standorten sowie weitere kleine gemietete Flächen im Portfolio. Der Raum in Neuss ist begrenzt. "Auch wir stoßen mit unseren Flächen überall an Grenzen", sagt Günter Haberland (62), der sich die Geschäftsführung des 1873 von Max Zietzschmann in Duisburg gegründeten Unternehmens mittlerweile mit seinem Sohn Tobias Haberland (32) teilt.

"Es geht laufend Hafenfläche für andere Nutzung verloren. Das Problem ist: Wir können kaum noch neue Hafenflächen erschließen in Nordrhein-Westfalen", sagt er. Die wiederum fehlten, um die steigenden Transportmengen bewältigen zu können. Der Güterverkehr, so ergänzt Günter Haberland, steige bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent an. "Die Häfen sind dafür der Flaschenhals."

(NGZ)
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