Neuss Ein Herz für Steine

Neuss · Seit 17 Jahren beschäftigt sich Annika Staudt mit der Verarbeitung und künstlerischen Formung von Natursteinen. Die 36 Jahre alte Neusserin ist Jahresbestmeisterin im Bereich Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk 2017.

 Am liebsten arbeitet sie mit schwarzem Granit und Natursteinen. Mit verschiedenen Werkzeugen werden daraus besondere Einzelstücke.

Am liebsten arbeitet sie mit schwarzem Granit und Natursteinen. Mit verschiedenen Werkzeugen werden daraus besondere Einzelstücke.

Foto: Staudt

Steine haben Annika Staudt schon immer fasziniert. Die Ruhe und die Kraft, die sie ausstrahlen, haben für sie etwas ganz Besonderes an sich. Deshalb entschied sie sich 2001 nach dem Abitur für eine Ausbildung, die heutzutage vor allem für eine Frau etwas Seltenes ist: Sie wurde Steinmetzin und Steinbildhauerin.

Als die 36-Jährige mit der Schule fertig war, stand für sie fest, dass sie etwas mit den Händen machen will: "Eine praktische, handwerkliche Arbeit lag mir schon immer." Sie bewarb sich zunächst in ihrer Heimatstadt Koblenz für verschiedene Praktika, schnupperte in unterschiedliche Bereiche und kam 2001 schließlich nach Düsseldorf, um eine Ausbildung in der Steinmetzmeister- und Bildhauer-Werkstatt Friedrich Meyer zu beginnen.

Dort lernte sie von ihrem Lehrmeister, der sich besonders auf die Herstellung von Grabmälern spezialisiert hat, vor allem die hochwertige Art der Verarbeitung eines Steins kennen.

 Erst kommen die großen Geräte zum Zerlegen zum Einsatz...

Erst kommen die großen Geräte zum Zerlegen zum Einsatz...

Foto: Staudt

Nach ihrer Ausbildung ging Annika Staudt in die Schweiz, arbeitete dort an verschiedenen Projekten und in einem Architekturbüro. Das Land wählte sie aus, weil das Handwerk dort noch traditioneller verankert sei, als in Deutschland. Hier zu Lande sei es vielfach Industrieware, und die habe nichts mit dem zutun, was sie unter der Kunst des Steinbildhauens verstehe.

2014 kam sie zurück in die Werkstatt Meyers nach Düsseldorf und arbeitete weitere drei Jahre an der Seite ihres ehemaligen Lehrers. Für sie stand aber fest: sie möchte in die Selbstständigkeit. Um das möglich zu machen, ist ein Meisterbrief des Steinmetz- und Bildhauerhandwerks notwendig. Deshalb besuchte sie die Meisterschule in Düsseldorf. Nach verschiedenen praktischen und theoretischen Prüfungen, bei denen sie unter anderem innerhalb von zwei Wochen ein Werkstück anfertigen musste, schloss sie 2017 als Jahresbeste die Meisterprüfung ab. "Als ich das gehört habe, dachte ich erst, dass ich sicher die einzige wäre, die einen Meister gemacht hat", sagt sie und lacht. Insgesamt waren es aber rund 900 Absolventen aus allen Gewerken, gegen die sie bestand.

 ...dann werden die Feinheiten ausgebessert. Dafür braucht man Geduld.

...dann werden die Feinheiten ausgebessert. Dafür braucht man Geduld.

Foto: Staudt
Neuss: Ein Herz für Steine
Foto: Staudt Anna

Im April 2017 hat Annika Staudt, die nun in Neuss lebt, die Werkstatt von Friedrich Meyer übernommen. Sie schätzt die Arbeit ihres Lehrers, der aber weiterhin künstlerisch tätig ist, sehr und will seine ganz eigene Formensprache und Philosophie weitertragen. Trotzdem weiß sie, dass das traditionelle Handwerk vor allem in Bezug auf Grabmäler immer weniger gefragt wird. Die Anzahl der klassischen Gräber würde weiter zurückgehen, dagegen kämen zum Beispiel Friedwälder, in denen man an den Wurzeln eines Baumes bestattet wird, immer mehr in Mode. Aus diesem Grund versucht Staudt, auch in anderen Bereichen ihr künstlerisches Handwerk zu etablieren. So gestaltet sie viel im Bereich der Architektur oder des Gartenlandschaftsbaus, fertigt Küchenarbeitsplatten und Unikate an. Dabei konzentriert sie sich dennoch weiterhin auf hochwertige Materialien und erstellt Einzelstücke mit dem künstlerischem Anspruch, den sie von ihrem Lehrmeister vermittelt bekommen hat.

(NGZ)
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