Neuss Ein Jazzabend in der Alten Post ganz im Zeichen der Gitarre

Neuss · Mit einem Augenzwinkern gab Martin Schulte gleich bekannt: "Zwei Gitarristen zusammen in einer Jazzband, das geht auf Dauer nicht gut." Er muss es wissen, denn er ist Gitarrist. Und er hatte einmal eine Band, in der auch sein Kollege Tobias Hoffmann spielte, die aber bezeichnenderweise nur drei Konzerte überdauerte. Zwei Gitarristen nacheinander an einem Abend - das funktioniert dafür bei diesem Konzert in der Alten Post umso besser.

 Echo-Jazz-Preisträger Tobias Hoffmann spielte Lieblingssongs.

Echo-Jazz-Preisträger Tobias Hoffmann spielte Lieblingssongs.

Foto: stei

Philipp van Endert, bekanntlich selbst Gitarrist, hatte die Bands von Schulte und Hoffmann im Rahmen seiner Jazzreihe "Blue in Green" zu einem "Guitar Evening" eingeladen. Einige der Unterschiede zwischen den beiden von Gitarristen geleiteten Jazzbands lagen auf der Hand: Hoffmann spielt im Trio mit Bass und Schlagzeug, Schulte fügt dem Sound dadurch eine weitere Klangfarbe hinzu, dass er den Tenorsaxofonisten Peter Ehwald für sein Quartett verpflichtet hat. Schulte spielt ausschließlich Eigenkompositionen, Hoffmann dagegen Klassiker aus Jazz, Blues und Rock, denen er seinen ganz persönlichen Stempel aufdrückt.

Für Martin Schulte war es ein besonderer Abend. Er stellte seine CD "Walking Distance" erstmals dem Publikum vor. Dennoch war da kein Hauch von Premieren-Nervosität zu spüren. Im Gegenteil: Die vier Musiker schienen jeden einzelnen Ton in völliger Gelassenheit zu genießen. Die fließenden Melodien der Themen, die Unisono-Linien von Saxofon und Gitarre, die rhythmische Raffinesse. Wohlklingender moderner Jazz im Geiste des Bebop.

Rustikaler ging es zu beim Tobias Hoffmann Trio und seinem Programm "11 Famous Songs Tenderly Messed Up". Doch Vorsicht: Dass hier Funken sprühen und Späne fallen, heißt nicht, dass die Arrangements des Echo-Jazz-Preisträgers weniger minuziös geplant wären. Nein, es muss genau durchdacht werden, wie lange man ein Intro ausdehnen kann, bis der Hörer durch das Einsetzen des Themas erlöst wird, wie sehr sich an den Harmonien schrauben lässt oder wie stark man ein Laid-Back-Spiel übertreiben kann, ohne hinten überzufallen.

Und wenn zum Abschluss dieses Gitarren-Abends George Harrisons "While My Guitar Gently Weeps" vom Schlagzeug geschreddert wird, dann passiert auch das "tenderly", zärtlich und mit Liebe. Denn es sind ja Lieblingssongs. Klasse!

(NGZ)
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