Neuss Eine Selikumerin will Düsseldorfs OB werden

Neuss · In der Landeshauptstadt wird am 25. Mai der Rathaus-Chef gewählt. Die Düsseldorfer Grünen schicken eine Neusserin in das Rennen.

 Die Liebe führte sie nach Neuss: 2010 verließ Grünen-Politikerin Miriam Koch ihre niedersächsischen Heimat und wohnt seither auf Gut Selikum.

Die Liebe führte sie nach Neuss: 2010 verließ Grünen-Politikerin Miriam Koch ihre niedersächsischen Heimat und wohnt seither auf Gut Selikum.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Man kennt sich. Natürlich. Fröhlich winkt sie dem ehemaligen Hombroich-Chef Willi Petzold zu, auch Architektur-Altmeister Rudolf Küppers schenkt sie ein Lächeln, als sie aus dem Auto steigt. Gut Selikum ist wie ein intimer Künstler-Kiez. Die Wohnungen umschließen einen großzügigen Innenhof. Dort lebt sie seit 2010. Die Liebe hatte sie ins Rheinland geführt. Vor vier Jahren ist Miriam Koch (47) mit ihren beiden Töchtern (15 und 18) beim angesehenen Künstler Michael Kortländer eingezogen. Seither weist sie der Pass als Neusserin aus.

So kommt es, und das ist bei der bekannten Rivalität der Nachbarstädte nicht ohne Pikanterie, dass eine Neusserin Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers herausfordert, wenn in der Landeshauptstadt am 25. Mai ein Rathaus-Chef gewählt wird. Koch ist OB-Kandidatin der Grünen, deren Geschäftsführerin sie seit vier Jahren ist. Als reine Zählkandidatin sieht sich die selbstbewusste Frau nicht: "Mein erstes Ziel ist es, die Stichwahl zu erreichen." Dafür müsste sie einen der beiden Favoriten hinter sich lassen: Amtsinhaber Dirk Elbers oder SPD-Herausforderer Thomas Geisel. Für den Fall eines Sieges kündigt sie ihren Umzug an: "Ich habe in Düsseldorf einen Stützpunkt. Wenn ich OB werde, ziehe ich dorthin."

Mit ihrem Wohnsitz außerhalb der Düsseldorfer Stadtgrenzen kokettiert sie: "Andere haben ein Ferienhaus auf Sylt. Ich habe mein Feriendomizil in Selikum." Der ländliche Charakter gefällt ihr. Sie stammt aus Niedersachsen, wo es "mehr Schweine als Menschen gibt". Der nahe Kinderbauernhof, Spaziergänge an und Kanuten auf der Erft — Miriam Koch lebt dort, wo viele Neusser ein Ausflugsziel erkennen.

Gut möglich, dass sie — unabhängig vom Ausgang der OB-Wahl — noch einmal umzieht. Aber das ist ein Projekt, das sie frühestens nach der Schulzeit ihrer Töchter angeht. In Düsseldorf habe sie ihren beruflichen Lebensmittelpunkt, dort leben ihre Freunde, dort ist auch ihr Partner Michael Kortländer in der Kunstszene sehr aktiv. In den vergangenen vier Jahren hat Miriam Koch Selikum kennen- und schätzen gelernt; doch Neuss ist ihr nicht vertraut geworden. Aber eins würde ihr Freude bereiten: "Ich hätte gern gegen Herbert Napp als Bürgermeister kandidiert." Sie spürt, dass Auseinandersetzungen mit Napp lohnen: "In Sachen Rauchen habe ich eine diametral andere Ansicht als er." Überhaupt reize dessen Einstellung "Ich weiß, was gut für Euch ist" ihren Widerspruch heraus. Aber zu diesem Duell wird es nicht kommen. Denn erstens hat Napp angekündigt, im nächsten Jahr auf eine erneute Kandidatur verzichten zu wollen; zweitens ist Miriam Koch dann ja womöglich doch schon längst Oberbürgermeisterin von Düsseldorf ...

Ehe sie nach Neuss zog, kannte sie weder die Stadt noch die Region. Aber sie kennt sich mit Schützenfest aus. In ihrer niedersächsischen Heimat war sie gleich zweimal Gästekönigin. "Das passte weder den Schützen noch meinen Parteifreunden", sagt sie und freut sich über ihren Coup. Die Schützen mussten erstmals einen Frauennamen auf die Ehrenplakette gravieren lassen, und die friedensbewegten Grünen taten sich mit einer "schießenden Königin" schwer. Miriam Koch sagt, sie wolle zuhören. Und sie könne zur Versöhnerin in Düsseldorf werden. Wer soviel von Ausgleich hält, könnte der nicht auch die Interessen von Düsseldorf und Neuss pragmatisch austarieren? Sie rät, die Städte sollten freundschaftlich miteinander umgehen: "In einem Ballungszentrum kann die Problemlösung nicht an der Stadtgrenze enden." Sie nennt die Stichworte Verkehr, Wohnungs- und Arbeitspolitik.

Die Neuss Düsseldorfer Häfen belegen in ihren Augen, wie erfolgreich Kooperationen sein können. Das Potenzial auf weiteren Feldern warte noch darauf, ereschlossen zu werden. Für Verbesserungen seien Strukturveränderungen erforderlich: "Das hat nichts mit Eingemeindung zu tun." Entscheidend sei, ob die Fragen "Wer gibt was auf? Wer verliert? Wer gewinnt was?" fair beantwortet würden. So gesehen: Wählen die Düsseldorfer Miriam Koch zur Oberbürgermeisterin, sie hätten eine Neusserin gewonnen ...

(NGZ)
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