Neuss Eine Wunschliste vor dem Lebensende

Neuss · Mit der Aktion "Bevor ich sterbe, möchte ich ..." will der ambulante Hospizdienst im Diakonischen Werk die Menschen dazu anregen, sich Gedanken über ihre Endlichkeit zu machen. Anlass ist die bundesweite "Woche für das Leben".

 Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe vervollständigt im Beisein von Cornelia Steiner vom ambulanten Hospizdienst im Diakonischen Werk als erster den Satz "Bevor ich sterbe, möchte ich ..." Die Tafeln stehen ab heute auf dem Marktplatz vor dem Neusser Rathaus.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe vervollständigt im Beisein von Cornelia Steiner vom ambulanten Hospizdienst im Diakonischen Werk als erster den Satz "Bevor ich sterbe, möchte ich ..." Die Tafeln stehen ab heute auf dem Marktplatz vor dem Neusser Rathaus.

Foto: Andreas Woitschützke

Hermann Gröhe überlegt ein wenig. Dann vervollständigt der Bundesgesundheitsminister aus Neuss mit Kreide einen Satz. "Bevor ich sterbe, möchte ich noch lange das Leben mit meiner Familie genießen!", ist anschließend auf der Schiefertafel zu lesen.

Zur gerade laufenden bundesweiten "Woche für das Leben" der evangelischen und katholischen Kirche in Deutschland regt der ambulante Hospiz- und Palliativberatungsdienst im Diakonischen Werk Neuss die Menschen dazu an, sich mit dem Thema Sterben auseinanderzusetzen. Von heute bis Donnerstag stellt er jeweils von 10 bis 16 Uhr vier Tafeln auf dem Marktplatz vor dem Rathaus auf, auf denen in sieben Sprachen steht: "Bevor ich sterbe, möchte ich ..." Passanten sind eingeladen, diesen Satz zu vervollständigen. Ehrenamtliche des ambulanten Hospizdienstes werden als Ansprechpartner vor Ort sein.

"Wir wollen mit dieser Aktion an die eigene Endlichkeit erinnern", erklärt Cornelia Steiner, die beim Diakonischen Werk den Hospizdienst koordiniert. "Man sollte jeden Tag als Geschenk betrachten und ihn so gestalten, dass man abends zufrieden zu Bett gehen kann. Denn das Leben kann nicht wiederholt werden." Dies erfahren die rund 25 ehrenamtlichen Mitarbeiter des Hospizdienstes immer wieder. Sie begleiten schwerstkranke Menschen zu Hause oder in Seniorenheimen.

Die Aktion stammt aus Amerika. Im Jahr 2011 hatte dort eine trauernde Frau eine solche Wand mit dem gleichbedeutenden englischen Satz "Before I die I want to ..." aufgestellt und mittlerweile Nachahmer in 60 Ländern gefunden. "Es kann jeder ergänzen, was ihm wichtig ist", sagt Steiner. Woanders hätten Passanten zum Beispiel "Oma werden", "den Jakobsweg gehen" und "Frieden in der Ukraine" als Wünsche aufgeschrieben.

"Wir weichen der Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit oft aus und werden am Lebensende plötzlich mit Fragen konfrontiert, über die wir besser schon vorher im Kreise der Familie gesprochen hätten", sagt Hermann Gröhe. Der CDU-Politiker begrüßt die Aktion deshalb. "Es ist ein sehr lebensbejahender Ansatz, sich über das Gedanken zu machen, was man noch unbedingt erleben möchte." Gröhe wird auf dem evangelischen Kirchentag in Stuttgart auch an einer Podiumsdiskussion zum Thema "Ich wünsch' mir Sterben ohne Leiden - Selbstbestimmung und Solidarität" teilnehmen.

Ein drängendes Thema, wie Cornelia Steiner weiß. "Die Palliativversorgung in Altenheimen muss verbessert werden", sagt sie. "Zwischen dem Sterben in einem Heim und einem stationären Hospiz liegen Welten." Und der ambulante Hospizdienst des Diakonischen Werkes - neben ihm gibt es noch den Dienst "Cor Unum" der Augustinerinnen in Neuss - könne nicht überall helfen. "Jedem ehrenamtlichen Helfer wird eine Familie oder Person zugeordnet", erklärt Steiner. Eine solche Begleitung dauere insbesondere in Altenheimen oft ein Jahr. "Wir suchen deshalb dringend weitere Ehrenamtliche für den Hospizdienst."

Gröhe selbst hat sich schon Gedanken über sein Lebensende gemacht. "Ich habe eine Vorsorgevollmacht und einen Organspendeausweis", berichtet er.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort