Neuss Einmal Hemingway für die Bühne bearbeiten

Neuss · John von Düffel hat Thomas-Mann-Romane für die Bühne adaptiert, würde das auch gerne mit "Der alte Mann und das Meer" tun.

 John von Düffel ist Schriftseller, Bühnenautor, Dramaturg und vieles mehr. Am 28. Mai hält er einen Vortrag im Landestheater.

John von Düffel ist Schriftseller, Bühnenautor, Dramaturg und vieles mehr. Am 28. Mai hält er einen Vortrag im Landestheater.

Foto: umi

Er schreibt Romane, er bearbeitet Romane, er begleitet als Dramaturg Theaterproduktionen, er dreht Filme, er ist Professor an der Uni, er übersetzt englischsprachige Schriftsteller, er schreibt Hörspiele - der Tag muss für einen John von Düffel doch mindestens 36 Stunden haben, oder? Der 48-jährige lacht. Ein Workoholic sei er nicht, sagt er schmunzelnd, "aber ein Frühaufsteher".

Jeden Morgen ist er etwa zwei Stunden vor der Familie auf den Beinen, sitzt an seinem Schreibtisch in Potsdam, wo er heute wohnt, und arbeitet, bevor dann die Familie um sieben Uhr aufsteht und sich für den Tag bereit macht. "Dadurch bekomme ich sehr viel hin", sagt John von Düffel, "und habe trotzdem viel Zeit für die Familie." Jüngst hat er mit "KL - Gespräch über die Unsterblichkeit", eine fiktive Begegnung mit einem Modemacher, der Karl Lagerfeld sehr ähnlich ist, wieder mal ein eigenes Buch vorgelegt. Allerdings gibt es da auch noch diesen festen Job, denn John von Düffel ist Dramaturg am Deutschen Theater Berlin.

Bei aller Leidenschaft für den Beruf rund ums Wort - John von Düffel wirkt nicht im mindesten wie ein Mensch, der sich darin vergräbt. Von seiner Fähigkeit, Dingen, Menschen und Ereignissen den richtigen Ausdruck zu geben, profitiert sein persönlicher Gesprächspartner ebenso wie eine ganze Versammlung von Zuhörern. Sein Vortrag zum Thema "Dramatisierung von Romanvorlagen" bei der Förderpreisverleihung des RLT-Theaterfördervereins am 28. Mai wird also keine trockene Kost, sondern höchstlebendige Erzählung werden.

Zumal da das Landestheater in der nächsten Saison mit einem Stück startet, das von Düffel verfasst hat. Thomas Manns Roman "Joseph und seine Brüder" wurde von ihm für das Theater adaptiert, Bettina Jahnke wird inszenieren. Die Uraufführung war 2009 am Düsseldorfer Schauspielhaus und aus seiner Sicht unter der Regie von Wolfgang Engels "ein ganz erfüllendes Erlebnis". Das Stück sei aus dem Ensemble heraus erzählt worden, sagt er: "Die Aufführung war ein Glücksmoment für mich und auch für die Bearbeitung." Denn danach sei sie wiederholt an anderen Theater gespielt worden. Also ist eine geglückte Uraufführung ausschlaggebend? Zumindest hilft sie, sagt er, aber schränkt auch ein: "Am Ende muss man sich am Autor messen lassen." Wobei es ihm immer um eine andere Lesart, eine Interpretation des Romanstoffs geht, nicht um das "dramatische Ausspielen".

Ob Thomas Mann, Joseph Conrad Tolstoi oder Fontane - für John von Düffel ist jede Beschäftigung mit anderen Autoren ein Gewinn. "Weil ich gerne das Andere erlebe und damit arbeite", sagt er, "dazu gehört auch das Ringen um Verständnis, der Abstand, den man zu sich selbst gewinnt." Gibt es einen Roman, den er gerne für die Bühne adaptieren würde? ",Der alte Mann und das Meer' von Hemingway", kommt es prompt zurück. Doch in dem Fall gebe es große Probleme mit den Rechten. "Wie auch bei vielen zeitgenössischen Autoren", ergänzt er.

Wenn es überhaupt einen Nachteil für einen Bearbeiter fremder Stoffe gebe, dann diesen: "Ich kann keine Romane mehr lesen, ohne gleich nachzudenken", sagt er und lacht, "deswegen bin ich ein Freund von Kurzgeschichten geworden."

(NGZ)
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