Neuss Experimentelle Literatur in Hombroich würdigt Oskar Pastior

Neuss · Die Oskar-Pastior-Stiftung hat hochkarätige Literaten aus der ganzen Bundesrepublik auf die Raketenstation eingeladen.

 Auch Elke Erb gehörte zu den lesenden Literaten.

Auch Elke Erb gehörte zu den lesenden Literaten.

Foto: salz

Der rumäniendeutsche Lyriker Oskar Pastior war ein Sprachakrobat. Jüngere Kollegen schätzten ihn als Autor und auch als Mensch. Ihm zu Ehren fand nun in Hombroich eine interne Tagung hochkarätiger Autoren der experimentellen Literatur statt, die am Samstag mit einer öffentlichen Lesung abgeschlossen wurde.

Organisiert wurde dieses Treffen vom Vorstand der Oskar-Pastior-Stiftung, Ernest Wichner (auch Leiter des Literaturhauses Berlin), und dem Hombroicher Lyriker Oswald Egger. Hochkarätige Vertreter aus dem Bereich der experimentellen Literatur waren geladen, um sich zwei Tage über Pastior als Übersetzer und Übersetzter auszutauschen. Übertragung, Nach- und Umdichtung, Fort- und Umschreibung standen somit nicht von ungefähr auch im Mittelpunkt der Lesung, bei der die Tagungsteilnehmer ihren persönlichen Zugang zu Person und Werk Pastiors darstellten.

Die Berlinerin Elke Erb präsentierte "seltsame Landschaften" und bat das Publikum, sich diesen "möglichst ungehindert auszusetzen". Die Zuschauer nahmen die Herausforderung gerne an, ebenso wie zahlreiche andere Programmpunkte, die nicht gerade als leichte Kost gelten konnten. Ulf Stolterfoht las zwei abstrakt-surrealistische Texte Gertrude Steins, übersetzt von Pastior, die mit skurrilen Sprach- und Bildspielen und phonetischen Verschiebungen aufwarteten ("Daumen drücken Gaumen gruben").

Monika Rinck stellte fünf "Intonationen" Pastiors nach Baudelaire-Gedichten vor, bei denen der Autor die Lautebene des französischen Originals als "Oberflächenübersetzung" direkt in deutsche Worte "übersetzte", ohne den Sinn dabei zu berücksichtigen. Oswald Egger wies denn auch auf den Zusammenhang des Pfingstfests mit der experimentellen Literatur hin, da - als die Jünger der Heilige Geist überkam und sie in Zungen redeten - die Sprache aufgehört habe, "sich an die Verständigung zu verschwenden". Lautgedichte Pastiors trugen dem Rechnung.

Den persönlichsten Zugang wählte Nobelpreisträgerin Herta Müller, die aus ihrem Buch "Atemschaukel" las, das auf einer Zusammenarbeit mit Pastior beruht, die sie in diesem Roman sehr eindrücklich schildert. Er hatte ihr über seine Zeit im KZ berichtet, und sie hatte ihn, den "konventionellsten Menschen mit den verrücktesten Ideen", so ganz neu kennengelernt, in seinen Brüchen, seinen Zerstörungen und seiner Ortlosigkeit. Pastior habe sich "Heimat immer wieder auf sich zugeschnitten wie ein Hemd, das nicht passt". Außerdem lasen Ernest Wichner, Sissi Tax, Gabriel Horatiu Decuble und Jean-René Lassalle.

(NGZ)
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