Prozess um Tod eines Jungen in Neuss Familie des Opfers plant Protest im Gericht

Neuss · Der Neusser Sven F. muss sich ab dem 18. Mai in Düsseldorf wegen der Tötung seines Neffen vor Gericht verantworten. Seine Anwältin erkennt in dem Fall kein Mordmerkmal. Die Familie des Jungen plant zum Auftakt eine Shirt-Aktion.

Vor dem Landgericht in Düsseldorf beginnt am 18. Mai der Prozess gegen einen Neusser, der seinen Neffen misshandelt und getötet haben soll.

Vor dem Landgericht in Düsseldorf beginnt am 18. Mai der Prozess gegen einen Neusser, der seinen Neffen misshandelt und getötet haben soll.

Foto: dpa

Der Neusser Sven F. muss sich ab dem 18. Mai in Düsseldorf wegen der Tötung seines elfjährigen Neffen vor Gericht verantworten. Seine Anwältin erkennt in dem Fall kein Mordmerkmal. Die Familie des Jungen plant zum Auftakt eine Shirt-Aktion.

Es könnte voll werden im Raum 1.120 des Düsseldorfer Landgerichts, wenn am Freitag, 18. Mai, um 9.30 Uhr der Prozess um Sven F. beginnt. Jenem 41 Jahre alten Weckhovener, dem vorgeworfen wird, seinen elf Jahre alten Neffen getötet zu haben. Natascha Funke, Mutter des toten Jungen, kündigt im Gespräch mit unserer Redaktion an, dass zahlreiche Familienmitglieder und Freunde zum Prozessauftakt vor Ort sein werden. "Sehr viele wollen mitkommen", sagt die Neusserin.

Für den 18. Mai planen sie zudem eine T-Shirt-Aktion. Darauf zu sehen sein soll ein Foto des toten Jungen und ein "Warum?"-Schriftzug. Das Landgericht habe die Aktion bereits genehmigt, sagt Nebenklägerin Natascha Funke, die ankündigt, bei jedem Prozesstag im Gerichtssaal zu sein. "Ich möchte ihm in die Augen schauen und fragen, warum er das getan hat", sagt sie über ihren Bruder.

Landgerichts-Sprecherin Elisabeth Stöve bestätigte auf Nachfrage nicht nur die Terminierung des Prozessauftaktes, sondern gab auch eine Einschätzung zur geplanten T-Shirt-Aktion: "Wenn auf den Shirts kein strafrechtlicher Inhalt zu sehen ist, habe ich kein Problem damit."

Seit Anfang Oktober sitzt Sven F. in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Verdächtigen in der 29-seitigen Anklageschrift, die unserer Redaktion vorliegt, die körperliche Misshandlung seines elf Jahre alten Neffen Jörg, der zu dieser Zeit bei ihm in Weckhoven wohnte, sowie Mord zur Verdeckung einer Straftat vor.

Mit schwersten Verletzungen musste das Opfer am 5. Oktober 2017 in der Wohnung seines Onkels von Rettungskräften reanimiert werden. Dort lebte der Schüler seit ungefähr zehn Wochen, bis es zu dem Vorfall kam. Jörg kämpfte bis zuletzt um sein Leben, am 17. Oktober wurden die lebenserhaltenden Maschinen in der Düsseldorfer Uniklinik aber letztlich abgeschaltet.

Dagmar Loosen, die Anwältin von Sven F., erkennt jedoch kein Mordmerkmal, sondern ordnet den Fall rechtlich als schwere Körperverletzung mit Todesfolge ein. Ihr Mandant sei zwar für den Tod des Jungen verantwortlich, habe ihn aber nicht töten wollen. "Er hat diesen einen Schlag völlig falsch eingeschätzt", sagt sie und fügt hinzu: "Das ist immer noch gravierend genug, ich möchte das nicht schön reden", so die Verteidigerin aus Neuss.

Doch im Strafmaß gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen Mord und Körperverletzung mit Todesfolge. Bei Mord sieht das Gesetz eine lebenslange Freiheitsstrafe vor. Bei schwerer Körperverletzung sind es mindestens drei Jahre. Auf die angekündigte Taktik der Verteidigerin reagiert Natasche Funke mit Unverständnis: "Damit kommt sie nicht durch", sagt sie.

Zwar spricht Dagmar Loosen von "einem Schlag". Dieser müsste jedoch erhebliche Auswirkungen gehabt haben. Denn wie aus der Anklageschrift hervorgeht, wurden an dem Jungen zahlreiche Verletzungen an mehreren Körperstellen festgestellt. Gerüchte, ihr Mandant sei in der Justizvollzugsanstalt Duisburg verprügelt worden, bestreitet die Neusserin: "Er wurde lediglich bedroht."

Jörg wurde am 26. Oktober nach einer bewegenden Trauerfeier in der Reuschenberger St.-Elisabeth-Kirche auf dem Südfriedhof beigesetzt. Zunächst lebte Jörg mit seiner Großmutter bei seinem Onkel. Als diese ins Krankenhaus eingeliefert wurde, begann jedoch das Martyrium für ihren Enkel - das tödlich endete. Nach dem Tod ließ das Jugendamt die leiblichen Kinder des Verdächtigen auf Verletzungen überprüfen. Der Misshandlungs-Verdacht wurde von einem Arzt jedoch nicht bestätigt.

(jasi)
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