Neuss Familienpolitik muss verlässlich finanziert sein

Neuss · In der Sozialarbeit werden immer mehr Projekte mit Stiftungsgeldern finanziert. "Akute Projektitis", so der Befund des Diakonie-Vorstandes Christoph Havers, ist oft die Folge. Die entlastet zwar die Stadtkasse, wirft aber mittelfristig Probleme auf. Denn was passiert mit den Projekten, wenn die meist nur als Anschubfinanzierung gedachte Förderung ausläuft? Manchmal laufen sie eben aus. "Wir brauchen eine Verstetigung der Finanzierung des Personals in diesen Diensten", leitet deshalb Sozialdezernent Stefan Hahn als Forderung aus dieser Erkenntnis ab. Da hätte das Land durchaus Nachholbedarf.

Gerichtet war diese Spitze gegen die Landtagsabgeordnete Andrea Asch, die familienpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion. Sie arbeitet gerade an einem Gesetzentwurf über "Frühe Hilfen und Prävention" mit, das Ende des Jahres den Landtag passieren soll. Damit war sie Susanne Benary-Höcks liebster Gesprächspartner und wurde am Donnerstagabend von ihr zu einer offenen Fraktionssitzung der Grünen eingeladen. Einmal ohne den Haushaltsplan unter dem Arm und die steigenden Kosten für die "Hilfen zur Erziehung" vor Augen wollte die Grünen-Bürgermeisterkandidatin und Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses das Thema "Prävention in der Kommune - zur Stärkung von Kindern und Familien" diskutieren. Das fanden auch Anne Holt (CDU), Hakan Temel (SPD), Deniz Davarci (BIG-Partei) und Vertreter fast aller Sozialverbände und freien Träger so spannend, dass sie dabei nicht fehlen wollten.

Asch sprach die Probleme bei Präventionsbemühungen an: "Versäulung der Hilfen", weil einzelne Dienste nichts voneinander wissen, mangelnde Überprüfung der Wirksamkeit von Maßnahmen, oder "dass die Hilfe oft nicht schnell genug kommt", wie sie sagt. Asch stellte aber auch Positivbeispiele wie das Projekt "Kein Kind zurücklassen" von Land und Bertelsmann-Stiftung vor, das modellhaft in Dormagen erprobt wird. Und sie warb für das neue Gesetz, das die Verzahnung von Jugendhilfe und Gesundheitswesen optimiert - um "gelingende Präventionsketten zu bilden", so Asch, und Situationen zu erkennen, in denen das Kindeswohl gefährdet sein könnte und den Familien geholfen werden muss.

Am Ende ging es dann doch um Geld. 20 Millionen Euro wendet die Stadt im Jahr für die Hilfen zur Erziehung auf, aber keiner sieht deren Erfolg, bedauerte Hahn. Prävention braucht eben auch "Marketing".

(NGZ)
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