Neuss Fesselnde Lebendigkeit des Spiels

Neuss · Bei den zeughauskonzerten brillierte das Ensemble "Quatour Ébenè" dank des neuen Bratschisten

 "Quatour Ébenè" präsentierte sich gut verstärkt.

"Quatour Ébenè" präsentierte sich gut verstärkt.

Foto: Julien Mignot

Für Musikfreunde, die das inzwischen mit fünf Echo-Klassik-Preisen ausgezeichnete "Quatuor Ébène" schon länger kennen, gab es im Vorfeld seines Konzertes im Zeughaus vor allem eine spannende Frage: Wie wird der neue Bratscher sich in die Interpretationsbesonderheiten der engagierten französischen Musiker einfügen? Nach dem Ausscheiden von Gründungsmitglied Mathieu Herzog - einem ausgezeichneten Violaspieler, dessen Hang zur Individualität aber bisweilen störte - haben die verbliebenen Musiker schließlich den erst 23-jährigen Adrien Boisseau, einen Schüler der berühmten Bratschistin Tabea Zimmermann, gefunden.

Seit Januar 2015 ist "Ébène = Ebenholz" wieder komplett, und das traumhafte weiche und doch konturenreiche Spiel des Neuzugangs, gepaart mit seinem unübersehbaren Verlangen nach optimalem Sich-Einbringen, steigern den Hörgenuss für das Publikum noch um Einiges. Primgeiger Pierre Colombet, Gabriel Le Magadure (zweite Violine) und Raphel Merlin (Violoncello) scheinen glücklich, den jungen Kollegen an ihrer Seite zu haben. Eines der Markenzeichen dieses außergewöhnlichen, selbstredend über technische Probleme erhabenen Ensembles ist die unmittelbar fesselnde Lebendigkeit seiner Vorträge, die sich jedoch nie in Aktionismus verliert. Jeder ist für den Anderen da - das dürfte die Maxime der offenbar auch menschlich harmonierenden Musiker sein.

Am deutlichsten zeigte sich das im einleitenden Adagio des späten Streichquartetts cis-Moll op.131, das Beethoven als seine beste Komposition für die "Königsgattung" bezeichnete. Wie Colombet das vergeistigte Fugenthema vorstellte und seine Mitstreiter ihm mit bezwingender Innenspannung folgten - das ließ die fasziniert lauschenden Zuhörer förmlich auf der Stuhlkante sitzen. Neben zahllosen weiteren Höhepunkten sei das Finale des Streichquartetts C-Dur op.20,2 Hob.III:32 von Joseph Haydn genannt: Auch dieser Satz ist eine Fuge, beseht aber aus vier eigenständigen Gegenthemen. Hier wurden die kontrapunktische Kompliziertheit, die eindrucksvolle Klanglichkeit und die rasanten Schlusswendungen mit Akkuratesse und Spielfreude mitreißend ausgekostet.

Auch für Vergessenes möchte dieses Ausnahmequartett Anwalt sein. So stand in der Mitte des Programms Henri Dutilleuxs (1916-2013) einziges Streichquartett "Ainsi la Nuit". Mit außergewöhnlichen Spieltechniken wie Glissandi oder Flageoletts wussten die Musiker ihrem Publikum die schwer zu verstehende Komposition nahezubringen. Trotz großen Beifalls verzichteten die Gäste auf eine Zugabe.

(NGZ)
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