Neuss Further Bluttat: Täter lebt unbehelligt im Irak

Neuss · Vor zwei Jahren soll ein Vater seine Frau und seine Kinder getötet haben. Er floh in den Irak - außer Reichweite deutscher Behörden.

August 2012: Mutter und Kinder in Neuss getötet
26 Bilder

August 2012: Mutter und Kinder in Neuss getötet

26 Bilder

Fallah Sänger, der mutmaßliche Mörder seiner Frau Saskia und seiner beiden Kinder Samara (8) und Ismael (4), soll in der Küche eines Hotels in der Nähe seiner nord-irakischen Heimatstadt Kirkuk arbeiten. Zeugen gaben diesen Hinweis an die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, doch die konnte diese Nachricht mit Hilfe der deutschen Botschaft und irakischer Behörden noch nicht überprüfen. "In diesem Teil des Landes hat die irakische Zentralregierung derzeit wenig Einfluss", sagt Staatsanwalt Christoph Kumpa mit Blick auf die Kämpfe der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) gegen die von den USA unterstützten kurdischen Peschmerga-Milizen in der Region rund um Erbil. Auch am morgigen zweiten Jahrestag dieser Bluttat bleibt der mutmaßliche Mörder für die deutsche Justiz unerreichbar. "Der internationale Haftbefehl besteht fort", stellt Kumpa aber klar.

Am Nachmittag des 20. August 2012 hatte der damals 35-jährige Sänger nach Überzeugung der Behörden in einer Wohnung an der Kaarster Straße Frau und Kinder mit einer Pistole erschossen und sich unmittelbar danach über die Türkei in Richtung seiner irakischen Heimatstadt Kirkuk abgesetzt. Ein Verwandter hatte ihn am Nachmittag in ein Reisebüro begleitet, wo er unter seinem Geburstnamen Omar ein Ticket buchte. Die Behörden vermuten deshalb, dass er mit seinem irakischen Pass reiste. Fast in der gleichen Minute, als sein Flugzeug in Düsseldorf mit Ziel Istanbul abhob, wurde die Tat an der Kaarster Straße entdeckt.

Für Kurt L. (71), Vater der Ermordeten und Großvater der getöteten Kinder, begann mit dieser Entdeckung eine Leidenszeit, die noch andauert. "Es geht mir eher schlechter als besser", sagt er heute. "Sie fehlen mir so." Zur Familie seines ehemaligen Schwiegersohnes hat er keinen Kontakt. Sein 24-jähriger Enkel habe sich einmal bei Verwandten von Fallah Sänger in Neuss gemeldet, doch von denen nur gehört, man müsse das doch mal vergessen. "Aber das kann ich nicht", sagt Kurt L.

Er hat mit anwaltlicher Hilfe die Ermittlungsakten einsehen und kopieren können und sich an die irakische Botschaft in Bagdad mit der Bitte um Hilfe gewandt. Von dort wurde er aufgefordert, mit den Unterlagen und dem internationalen Haftbefehl in den Irak zu kommen, damit Fallah Sänger dort der Prozess gemacht werden könnte. Doch den Haftbefehl händigen ihm die deutschen Stellen natürlich nicht aus. Angeblich, so L., weil Sänger im Falle einer Verurteilung im Irak die Todesstrafe drohe.

Rund 500 Menschen nehmen an Trauermarsch teil
30 Bilder

Rund 500 Menschen nehmen an Trauermarsch teil

30 Bilder

Wie Kurt L. morgen den zweiten Jahrestag dieser Familientragödie begeht, weiß er noch nicht. Auf jeden Fall wird er arbeiten, denn er trägt noch immer einen Kredit von Tochter und Schwiegersohn ab, für den er seinerzeit bürgte. Und am Grab seiner Lieben, die L. neben seiner verstorbenen Frau in Berlin-Teltow bestatten ließ, war der gebürtige Berliner noch in der vergangenen Woche. Aber, so sagt er, "ich denke an sie bei allem, was ich tue".

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort