Neuss Generation Neudeutsch

Neuss · Der 18-jährige Samil Özcelik ist ein Paradebeispiel für die Nachfolgegeneration der türkischen Gastarbeiter. Mit seinem Beitrag beim bundesweiten Wettbewerb "Heimat Almanya" hat er den vierten Platz gewonnen.

 Als Viertplatzierter beim Wettbewerb "Heimat Almanya" reiste Samil Özcelik zum Empfang bei der Integrationsbeauftragten Maria Böhmer nach Berlin und durfte seinen A-capella-Sprechgesang vortragen.

Als Viertplatzierter beim Wettbewerb "Heimat Almanya" reiste Samil Özcelik zum Empfang bei der Integrationsbeauftragten Maria Böhmer nach Berlin und durfte seinen A-capella-Sprechgesang vortragen.

Foto: privat

Samil Özcelik ist Türke. Samil Özcelik ist auch Deutscher — nicht nur, weil er beide Pässe besitzt und in Neuss geboren ist. Der 18-Jährige hat seine eigene Identität gefunden und definiert. "Ich bin Neudeutscher. Ich bin hier geboren und habe türkische Wurzeln, die ich nicht vergessen werde. Man muss sich nicht für ein Land und eine Kultur entscheiden", sagt er.

Den Begriff "Neudeutsch" hat er im Verein Typisch Deutsch kennengelernt. Die Berliner Organisation setzt sich für eine multikulturelle, multiethnische und multireligiöse Gesellschaft ein. Die Idee trifft Özceliks Nerv.

"Das Deutschsein muss neu definiert werden. Heute sollte man nicht mehr von Menschen mit Migrationshintergrund sprechen", sagt er. Seine Mutter sei ein gutes Beispiel. "Sie spricht perfekt Deutsch. Am Telefon hört man nicht, dass sie Türkin ist", erzählt er. Seine Großeltern kamen in den 1970er Jahren als Gastarbeiter nach Neuss, seine Eltern waren damals noch Kinder.

Sein Herz sieht bunt

Natürlich habe er Diskriminierung erfahren. Im Kindergarten und in der Grundschule sei es bitter gewesen, mit dem Älterwerden habe er aber einen stärkeren Charakter bekommen.

Seine Gedanken, auch zur aktuellen Integrationsdebatte, hält er in lyrischen Texten fest, die er als A-capella-Sprechgesang auf Video aufnimmt und unter seinem Künstlernamen "Sam i'll" ins Internet stellt. Mit einem solchen Beitrag hat er sich auch beim Wettbewerb "Heimat Almanya — Zeig uns dein Deutschland" der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung beworben. "Ich wollte nicht einen der Preise gewinnen, aber ich wollte mit den besten Zehn nach Berlin fahren, um dort meine Botschaft mitteilen zu können", sagt er.

Mehr als 200 Jugendliche haben Texte, Bilder, Videos oder Audioaufnahmen eingereicht. Samil Özcelik fragt in seinem Beitrag, was Deutsch eigentlich sei. Seine Heimat mache nur die Menschen aus. Sein Herz sehe nicht schwarz-rot-gold, nicht schwarz-weiß, sondern bunt. Eine Abstimmung im Internet und eine Jury bescherten dem Neusser schließlich den vierten Platz, als Sachpreis einen HD-Kopfhörer und eben einen Empfang bei Staatsministerin Maria Böhmer in Berlin, wo er seinen A-capella-Sprechgesang vortragen durfte.

In der vierten Klasse entdeckte er sein Talent zum Schreiben. Überhaupt sei Lesen und Schreiben sehr wichtig in seiner Familie. Am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium hat er Deutsch-Leistungskurs gewählt — nicht wie manch anderer als Notlösung, sondern weil ihn die Sprache interessiert.

(NGZ)
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