Neuss Goethes "Werther" leidet für die Facebook-Generation

Neuss · Joachim Berger hat für die Inszenierung von Goethes "Die Leiden des jungen Werther" noch was gelernt. Dass junge Leute heute zum Beispiel Musik von Bands wie Halma oder Egokind mögen. "Kannte ich vorher nicht", gibt er lächelnd zu. Aber sie passt zu seiner Interpretation des Stoffes und zu der Figur des Werther, die von Michael Großschädl gespielt wird. Am Freitag hat das Stück Premiere in der "Nachtschicht etxra"-Reihe des RLT im Theatercafé Diva.

 Joachim Berger führt zum ersten Mal Regie.

Joachim Berger führt zum ersten Mal Regie.

Foto: Björn Hickmann

Für das Duo ist Großschädl "der Darsteller, der eine Figur spielt, die Werther sein könnte", denn Bergers Fassung fokussiert den Briefroman Goethes von 1774 auf den Charakter eines jungen Mannes, der um sich selbst kreist, dem das Gefühl des Verliebtseins wichtiger zu sein scheint als das Objekt, also Lotte. hat. "Werther ist der erste Facebooker", sagt Berger, der die Geschichte unter der Frage "Was bewegt die jungen Menschen heute?" abgeklopft hat. Eine Probeaufführung vor 17-Jährigen habe ihn bestätigt: "Seit Goethe ,Werther' geschrieben hat, hat sich nicht viel verändert, hat mir eine Zuschauerin gesagt", erzählt er und ergänzt: "Die Beziehungsproblematik ist zeitlos."

 Michael Großschädl spielt die Rolle des jungen Werther.

Michael Großschädl spielt die Rolle des jungen Werther.

Foto: BJOERN_HICKMANN

Mit der Produktion zeigt sich Berger erstmals auch als Regisseur. Für seine Fassung des rund 75 Minuten dauernden Abends hat er mit Unterstützung von RLT-Chefdramaturg Reinar Ortmann den Roman gekürzt, "aber die Sprache Goethes nicht verändert". Und in seinem Kollegen Großschädl sieht er "die richtige Besetzung, den jugendlichen Extremismus von Werther zu verkörpern". (Was der Gemeinte mit einem lauten Lachen quittiert.) Aber Großschädl gibt zu, dass diese Rolle für ihn "komplettes Neuland und eine Herausforderung" sei. 20 Din-A4-Seiten habe er lernen müssen, aber inzwischen füge sich der Text wie von selbst zusammen.

Dass Werther am Ende stirbt, ist Wissen, das die beiden RLT-Künstler bei ihren Zuschauern voraussetzen. Aber den Weg dorthin haben sie neu aufbereitet, wollen damit sowohl ältere Klassik-Freunde wie auch Jüngere ansprechen. Auch mit Hilfe von Musik.

Info Oberstraße 95, Freitag, 23. Oktober, 20 Uhr, Karten unter 02131 269933

(hbm)
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