Neuss Hotelschiffe und Hallen für Flüchtlinge

Neuss · Die Zahl der Flüchtlinge steigt, ihre Unterbringung wird eine immer größere Herausforderung. Jetzt plant die Stadt auch mit Notunterkünften in Sport- und Mehrzweckhallen. Die favorisierte Eissporthalle ist seit gestern aus dem Rennen.

 Eigentlich optimal - aber leider nicht beheizbar: Seit gestern Abend ist die Eissporthalle als Notunterkunft für Flüchtlinge aus dem Rennen. Jetzt nimmt die Stadt Hallen in Holzheim und Allerheiligen in den Blick.

Eigentlich optimal - aber leider nicht beheizbar: Seit gestern Abend ist die Eissporthalle als Notunterkunft für Flüchtlinge aus dem Rennen. Jetzt nimmt die Stadt Hallen in Holzheim und Allerheiligen in den Blick.

Foto: Lothar Berns

Der Strom der Flüchtlinge und ihre Not verlangt jetzt den Neussern erste echte Opfer ab. Weil die Zahl der Asylsuchenden ständig steigt, verhandelt die Stadt aktuell nicht nur über die Anmietung von Hotelschiffen oder Hotels, sondern muss auch ihre Hand auf die Dreifachturnhalle in Allerheiligen und die Mehrzweckhalle Holzheim legen. Und unmittelbar wird der Ton schriller, und die Flüchtlingssituation - was bisher alle Parteien vermieden - ein Thema im Bürgermeisterwahlkampf. "So ein Thema kann man aber nur gemeinsam stemmen", sagt Bürgermeister Herbert Napp kopfschüttelnd.

Neuss: Hotelschiffe und Hallen für Flüchtlinge
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Die vorige Woche ausgehandelte Aufstockung der Kapazitäten in der Zentralen Unterbringungseinrichtung im ehemaligen Alexius-Krankenhaus auf 1150 Plätze verschafft der Stadt nur für den September etwas Luft. Spätestens ab Oktober, so berichtet Sozialdezernent Stefan Hahn aus einem Gespräch mit der Bezirksregierung Arnsberg, sollen dann zwischen 70 und maximal 200 Menschen zugewiesen und von der Stadt untergebracht werden. Und das wöchentlich! Zum Vergleich: Die letzte Prognose ging von 150 Zuweisungen monatlich aus. "Das hat bei uns zu einer Panikreaktion geführt", sagt Napp.

Dem folgte rasch die Überzeugung, "kontrolliert in die Krise zu gehen und uns auf den Notfall, so gut es geht, vorzubereiten", sagte Hahn, der sich umgehend um Rückfalloptionen bemühte. Eine davon war rasch benannt: die Eissporthalle am Südpark. In der sollte am kommenden Wochenende die Saison beginnen - und wird das nun auch. Denn gestern rutschte die Halle von Platz eins der Prioritätenliste geeigneter Objekte an deren Ende. "Sie hat weder eine Heizung noch ist sie wärmegedämmt", erklärt Napp die Ausschlusskriterien.

Da hatte Hahn aber schon mit den Verantwortlichen der Neusser Bäder und Eissporthallen GmbH und vor allem mit den Vorständen des Neusser Eishockey-Vereins und des Neusser Schlittschuh-Klubs gesprochen. Die formulierten prompt Gegenvorschläge und -positionen, weil der Verlust der Halle für sie existenzbedrohend wäre.

"Die Möglichkeit, den Trainings- oder Spielbetrieb in eine oder mehrere andere Hallen auszulagern, ist nahezu unmöglich", erklärte Andreas Schrills, zweiter Vorsitzender des NEV, mit Blick auf acht Altersklassen im Spielbetrieb.

Er hatte sich mit anderen Verantwortlichen beider Clubs unmittelbar an den CDU-Bürgermeisterkandidaten Thomas Nickel gewandt und von diesem, so Schrills, ein "klares Bekenntnis zum Eissport" und die "volle Unterstützung" zugesichert bekommen. "Wir wollen vermeiden, dass Neusser Sporthallen oder gar Zelte herangezogen werden müssen", las sich das dann in einer von der CDU verbreiteten Pressemitteilung. Das katastrophale Versagen des Landes im Umgang mit dem Zustrom an Flüchtlingen dürfe, so Nickel, "nicht auf dem Rücken der Flüchtlinge, aber auch nicht auf dem Rücken der hier lebenden Bürger, der Schulen und der Sportvereine ausgetragen werden". Die CDU-Spitze von Partei und Fraktion will sich ihrerseits um Alternativen bemühen und verweist vor allem auf leere Firmenhallen.

Damit hat Bürgermeister Napp fachlich Riesenprobleme: "Keine Sanitäreinrichtungen, und alleine für die Brandschutzversicherung müssten wir ganz neue Verträge aushandeln." Die Probleme der SPD mit diesem Vorstoß sind politischer Natur. "Nickel hat nichts zur Problemlösung beigetragen", schimpft SPD-Fraktionschef Arno Jansen. Er sei vielmehr ohne Kenntnis der Faktenlage vorgeprescht, "um sich im Wahlkampf auf Kosten von Flüchtlingsschicksalen zu profilieren". Jansen: "Die SPD kocht vor Wut."

(-nau)
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