Neuss "Ich habe Reiner Breuer geliebt"

Neuss · Details zur "Liebesgeschichte" nannte der SPD-Stadtverbands-Vorsitzende Benno Jakubassa unter anderem auf dem blauen NGZ-Sofa.

 Benno Jakubassa (l.) stellte sich auf dem Blauen NGZ-Sofa den Fragen von Chef-reporter Ludger Baten.

Benno Jakubassa (l.) stellte sich auf dem Blauen NGZ-Sofa den Fragen von Chef-reporter Ludger Baten.

Foto: woi

Aufhören. Ein kleines Wort, dessen Umsetzung in der Realität oftmals eine große Herausforderung darstellt. Dies spürt auch Benno Jakubassa. Nach 22 Jahren an der Spitze des SPD-Stadtverbandes wird der 63-Jährige bei der Jahreshauptversammlung im kommenden Jahr nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. "Die Gefahr, dass man sich für unentbehrlich hält, ist groß", sagt der Sozialdemokrat. Auch er habe lange gebraucht, um zu verstehen, wann Zeit ist, aufzuhören und Platz für Neues zu schaffen. "Zu lange", wie er hinzufügt.

Jakubassa hat mit vielem abgeschlossen. Er wirkt nachdenklich, wenn er von der Digitalisierung spricht, die zwar die Zukunft sei, aber nicht seine. Doch wer glaubt, Jakubassa hätte sein Feuer verloren, für das er von vielen geschätzt und von mindestens genauso vielen kritisiert wird, der sollte im Restaurant Essenz, Gesellschaftshaus der Bürgergesellschaft, den Gegenbeweis erbracht bekommen. Von der "Abteilung Attacke" macht Jakubassa immer noch mit Herzblut Gebrauch, wie er auf dem blauen NGZ-Sofa im Gespräch mit Chefreporter Ludger Baten deutlich machte. Dort zog der 63-Jährige nämlich Bilanz - und gab Einschätzungen zur Zukunft der Neusser SPD. Zu den Gästen zählten unter anderem Bürgermeister Reiner Breuer, Fraktionsvorsitzender Arno Jansen, aber auch ein Trio, von dem jeder bereits auf den Posten Jakubassas schielt: Sascha Karbowiak, Michael Ziege und Heinrich Thiel.

Und um die Zukunftsfrage ging es auch gleich zu Beginn. Von einer anstehenden "Kampfabstimmung" will Jakubassa nichts wissen: "Die Neusser SPD ist so stark, dass sie drei Kandidaten hat, die diese Aufgabe gut und vernünftig machen können. Ich kann nicht verstehen, dass das als Manko gesehen wird." Ob er einen Favoriten für seine Nachfolge hat, ließ er an diesem Abend nicht durchschimmern.

Dafür wurde er bei anderen Themen umso deutlicher: Etwa bei der undankbaren Aufgabe von Kommunalpolitikern, deren ehrenamtliches Engagement oft als selbstverständlich angesehen werde - und die sich dafür auch noch beschimpfen lassen müssten. Oder beim Thema Gesamtschulen, die für ihn immer noch "die beste Lösung" sind. "Dass wir vier davon in Neuss haben, ist ein Erfolg", so Jakubassa, der nicht an Ellenbogen in Richtung der politischen Konkurrenz sparte. So habe er bei Gesprächen mit den Grünen immer das Gefühl gehabt, "die verarschen uns".

Mit wütendem Unterton erinnerte er daran, dass seine Frau nicht in der "CDU-Stadt Neuss" Erste Oberärztin werden konnte, weil ihr Ehemann ein SPDler ist. Mit Wohlwollen habe er deshalb erlebt, wie Breuer die Politik in der traditionell tiefschwarz gefärbten Quirinusstadt "aufgemischt" habe. "Ich habe Reiner Breuer geliebt", schwärmte Jakubassa, der jedoch hinzufügte: "Das ist zwar im Laufe der Jahre etwas unter die Räder gekommen, aber so ist das in der Politik."

Vor der CDU, der zahlreiche Familienangehörige Jakubassas angehörten, habe er trotz allem Respekt. Für sein Szenario, dass eine starke Neusser SPD mit einer geschwächten CDU Bürgermeister Reiner Breuer gemeinsam trägt, erntete der 63-Jährige jedoch nur verhaltenen Applaus. Eine Große Koalition könne er sich aber nicht nur für Neuss, sondern auch für die Bundesregierung vorstellen. Doch für den derzeit in Aachen lebenden Neusser gibt es dafür mehrere klare Bedingungen - wie die Abschaffung der privaten Krankenversicherung: "Eine Bürgerversicherung würde unsere Gesellschaft voranbringen."

(jasi)
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