Neuss In den Romanen die Welt beschreiben

Neuss · Der in Mainz geborene Stefan Moster lebt seit zwölf Jahren in Finnland, ist Übersetzer und hat bisher drei eigene Romane geschrieben. In der Stadtbibliothek stellt er beim "Literarischen Sommer" sein jüngstes Werk vor.

 Stefan Moster hat bisher drei Romane geschrieben. Aus seinem jüngsten, "Die Frau des Botschafters", liest er in der Stadtbibliothek.

Stefan Moster hat bisher drei Romane geschrieben. Aus seinem jüngsten, "Die Frau des Botschafters", liest er in der Stadtbibliothek.

Foto: M. Bothor/Photoselection

Dass er eines Tages in Finnland leben würde, stand nicht auf dem Plan. Nicht einmal die Tatsache, dass er Finnisch, genauer: Finno-Ugristik, studieren würde. "Es war ein Zufall", sagt Stefan Moster, "ein willkürlicher Einfall." Vor seinem Studium in München hatte er ein halbes Jahr in Paris verbracht, dort einen Finnen kennengelernt und dann in München festgestellt, dass man die Sprache dort studieren kann. Also wurde sie sein drittes Fach neben Komparatistik und Philosophie und bot ihm die Möglichkeit, "Europa vom Rand her kennenzulernen"..

Eine Entscheidung, die sein Leben veränderte. Sie verhalf ihm zu seinem ersten Beruf, dem Übersetzen finnischer Literatur, und zur Begegnung mit seiner Frau, einer finnischen Journalistin. Ihr zuliebe ist er nach Finnland gezogen, lebt nun seit zwölf Jahren in Espoo bei Helsinki. Als Übersetzer hat sich der 1964 in Mainz geborene Moster längst einen großen Namen gemacht; als Schriftsteller ist er auf dem besten Weg dahin, denn seine ersten drei Romane haben ihm durchweg sehr gute Kritiken eingebracht. Sein jüngstes Buch "Die Frau des Botschafters" stellt Stefan Moster beim "Literarischen Sommer" in der Stadtbibliothek vor.

Dass es darin ebenso wie in den beiden Vorgängern auch immer um die Nähe zum Wasser, zum Meer geht, mag damit zusammenhängen, dass sein Alltagsleben sich nicht weit davon abspielt. "Aber es muss nicht sein", betont er. Stockt - und dann fällt ihm ein: "In meinem nächsten Buch geht es um Menschen auf einer Schiffsreise ...".

Wenn er an einem Roman schreibt, nimmt Moster sich gerne eine Auszeit. "Zwei Wochen setze ich mich dann ab, bin ganz alleine, gehe spazieren und schreibe", sagt er. Idealerweise verbunden mit einem Stipendium wie demnächst im Künstlerhaus Edenkoben, wo er gleich zwei Monate arbeiten kann. Und wo nimmt er die Motive her? "Das passiert vor den Auszeiten", sagt er, "ich finde es oft selbst rätselhaft, woher die Geschichten kommen." Aber er beobachtet viel. Menschen, Situationen und die Natur, was zu exakten und detailreichen Schilderungen in seinen Romanen führt. Stefan Moster kennt sich aus: "Wenn ich einen Baum oder Vogel sehe, kann ich ihn auch benennen. So weiß ich, dass der Vogel, der gerade jetzt vor meinem Fenster sitzt, ein Trauerschnäpper ist." Wie die Natur, wie Räume auf Menschen wirken, wie die Welt aussieht, will er in seinen Romanen zeigen, sagt er: "Das ist vor allem der autobiografische Teil, nicht die Geschichte an sich oder die Figur."

Nach wie vor arbeitet Stefan Moster als Übersetzer. In seinen Roman-Phasen und außerhalb der Auszeiten ist das seine wesentliche Nachtmittagsarbeit. Morgens schreibt er an seinem Buch. Das erste, "Die Unmöglichkeit des vierhändigen Spiels", hat er vor fünf Jahren veröffentlicht, danach kamen "Lieben sich zwei" (2011) und "Die Frau des Botschafters" (2013); an einem vierten arbeitet er gerade. Damit legt er als Autor doch ein ordentliches Tempo an den Tag, oder? "Manchmal bin ich selbst erstaunt, was sich da alles angestaut hat", sagt Moster lachend, aber andererseits habe er das Schreiben all die Jahre als Übersetzer "auf dem Zettel" gehabt. Und er macht sich auch nichts vor: "Übersetzer wird man, wenn man anderswo scheitert." Bei ihm habe der Plan einer akademischen Laufbahn nicht geklappt, das Übersetzen war da ein anderer Weg für den Literaturwissenschaftler, aber sei auch eher "eine "dienende Art des Schreibens".

Dass er dann doch anfing, Romane zu schreiben, habe auch mit seinem Leben in Finnland zu tun gehabt: "Ich hatte Angst, mein Deutsch könnte leiden."

(NGZ)
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